Symbolbild: SAP

Die Interessengemeinschaft "IG SAP CH" hat im Frühjahr erneut ihre Mitglieder befragt. Dabei haben gemäss Mitteilung 94 Unternehmen geantwortet und ein deutliches Signal gesendet: Der Umstieg auf S/4Hana ist demnach vielerorts im Gange, doch die Erwartungen an SAP seien in vielen Punkten enttäuscht worden. So sei die Migration komplex, teuer – und der versprochene Mehrwert bleibe häufig aus, so der Tenor.

Zwar setzten inzwischen über die Hälfte der befragten Unternehmen S/4Hana produktiv ein, doch kaum jemand spreche von einer echten Erfolgsgeschichte. Der Migrationsaufwand wird demnach als massiv empfunden, die Kosten seien hoch – nicht nur finanziell, sondern vor allem durch hohe interne Projekt- und Personalaufwände. Viele Firmen hätten sich von der neuen Plattform greifbare Innovation, technologische Modernisierung und spürbare Verbesserungen im Geschäftsalltag erhofft. Stattdessen würden Stabilitätserhalt und Komplexitätsmanagement dominieren, was für viele ein ernüchterndes Ergebnis nach grossen Investitionen sei. Dies zeige sich deutlich in der Zufriedenheitsentwicklung: Sie ist seit der letzten Umfrage deutlich gesunken. Ein Grossteil der Kunden erkenne in der neuen SAP-Welt zu wenig Fortschritt, zu wenig Nutzen und zu wenig Fokus auf reale Anforderungen.

Besonders kritisch bewerten viele Unternehmen laut Umfrage die Produktstrategie von SAP. Roadmaps seien häufg vage, strategische Ausrichtungen änderten sich schnell und ohne erkennbare Linie. Be- standskunden fühlten sich vernachlässigt: Wer nicht in die Cloud migriere oder auf das jeweils neueste Release springe, erlebe faktisch keine aktive Weiterentwicklung mehr. Dies trotz jahrelanger Bezahlung von Wartungsgebühren. Gerade im On-Premise-Umfeld fehle es an Innovation, an langfristiger Perspektive und an Kommunikation auf Augenhöhe. SAPs einseitiger Fokus auf "Rise" und Cloud-Angebote werde von vielen als strategisch motiviert, aber nicht kundenorientiert wahrgenommen.

Auch im Zukunftsfeld künstliche Intelligenz gelinge es SAP bislang nicht, sich als Innovationsführer zu positionieren. Die Unternehmen evaluierten KI-Anwendungen, allerdings vielfach unabhängig vom SAP-Kosmos. Erste Tests und Pilotprojekte existierten zwar, doch produktive Umsetzungen innerhalb von SAP-Systemen seien die Ausnahme. SAP bleibe hier aktuell nur einer von mehreren Anbietern.

Die Forderungen aus der SAP-Community seien klar: Es brauche mehr Substanz, weniger Verkaufsrhetorik. Kunden erwarteten nachvollziehbare Roadmaps, aktive Weiterentwicklung auch für bestehende Releases und einen Fokus auf nachhaltigen Nutzen statt teurerer Lizenzverlagerungen. Die Komplexität müsse reduziert, die Innovationskraft für konkrete Lösungen von Kundenproblemen spürbar gesteigert werden. Strategische Partnerschaft dürfe nicht zur Einbahnstrasse verkommen. Wer die Digitalisierung in den Unternehmen begleiten wolle, müsse zuhören, liefern – und nicht nur fordern.

Die IG SAP CH werde diesen kritischen Dialog weiterhin aktiv führen, wird in der Aussendung betont. Die Schweizer SAP-Anwenderfirmen seien bereit zur Veränderung – aber nicht zu jedem Preis und nicht um jeden Zweck. Wer als Anbieter bestehen wolle, müsse den Wandel nicht nur anstossen, sondern auch mitgehen, betont die IG. Aktuell sei SAP gefordert – inhaltlich, strukturell und strategisch –, vor allem aber in der Fähigkeit, die realen Bedürfnisse der Kunden zu verstehen und ihnen konsequent Priorität einzuräumen.

Die zentralen Kritikpunkte der Umfrage zusammengefasst:
• Kosten & Lizenzmode: Generell intransparent, steigende Kosten, versteckte Gebühren,undurchsichtige Metriken, keine Planbarkeit und viele Veränderungen, viele Fehler bei Verträgen und Lizenzvermessung
• Cloud-Zwang: Starker Druck Richtung Cloud, geringe Wahlfreiheit, hohe Abhängigkeit, geringe Vor- teile, Mehrkosten
• SAP Vertrieb / Betreuung: Fokus auf Umsatz statt Partnerschaft, ungeschulte Account Manager, sehr lange Entscheidungswege
• Intransparente Produkt Roadmaps / fehlende Kommunikation: Keine klare Strategie, fehlende Infos zu Innovationen, Nachfolgeprodukten
• Qualität & Service: Schwache Leistung im Support, lange Reaktionszeiten
• Risiken: Weiter zunehmende Abhängigkeit, kein "Weg zurück", keine Investitionssicherheit, Vendor lock-in • On-Prem Benachteiligung Innovationsstau, Abkündigungen, Druck zur Migration