Symbolbild: Pixabay

Lange fristete mobiles Bezahlen in der Schweiz ein Nischendasein. Das hat sich in den letzten zwei Jahren geändert, wie eine Studie der Hochschule Luzern zeigt. So sind inzwischen bereits 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung über 15 Jahren beim derzeit meistgenutzten Anbieter registriert. Auch die Zahl der Transaktionen hat sich gegenüber dem Vorjahr gemäss der Untersuchung verdreifacht. Noch immer aber gibt es regionale und geschlechterspezifische Unterschiede in der Nutzung.

Der meistgenutzte Anbieter für mobiles Bezahlen (Mobile Payment) mittels Smartphone und Bezahl-App, Twint, weist allein im Monat September 2020 über zehn Millionen Transaktionen aus. Verglichen mit dem Vorjahr stieg damit die Anzahl Transaktionen nahezu um das Dreifache. Für die "Mobile-Payment-Studie Schweiz 2020" wertete die Hochschule Luzern Daten der Schweizerischen Nationalbank und anonymisierte Daten der Schweizer Bezahl-App Twint aus. Studienautor Andreas Dietrich von der Hochschule Luzern ist überzeugt: "Mobile Payment ist in der Zwischenzeit in der breiten Bevölkerung angekommen und dürfte zukünftig stark an Bedeutung gewinnen."

Im Markt für Mobile Payment sind gemäss Dietrich weiterhin eindrückliche Wachstumszahlen feststellbar. So zählt zum Zeitpunkt der Publikation der Studie Twint bereits über drei Millionen registrierte Nutzer. Entsprechend haben sich schon über 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung über 15 Jahren bei Twint registriert. Bei der Kundenstruktur zeigt sich, dass Mobile Payment derzeit noch immer etwas stärker von Männern genutzt wird. "Das ist ein typisches Phänomen des Adoptions-Verhaltens bei technologischen Innovationen", sagt Dietrich. Mit zunehmender Marktreife könne man aber beobachten, wie auch der Anteil der weiblichen Nutzerinnen zunehme. So seien in der Zwischenzeit gut 45 Prozent aller Mobile-Payment-Nutzerinnen und -Nutzer weiblich. Zwei Jahre zuvor waren es erst 36 Prozent.

Auch regional können Unterschiede festgestellt werden. So sind beispielsweise in sieben Kantonen bereits mehr als die Hälfte der Bevölkerung über 15 Jahren registrierte Twint-Nutzer (FR, ZG, AI, VD, SG, OW und LU). Es gibt aber auch Kantone, in welchen noch weniger als 30 Prozent Nutzer der Mobile-Payment-Lösung von Twint sind (BL, GL, BS und AR). In allen Kantonen ist aber mindestens jeder Fünfte ein registrierter Nutzer oder eine registrierte Nutzerin.

Ein Drittel aller Transaktionen im stationären Handel

Bei Twint dominieren in Bezug auf die Anzahl Transaktionen der Studie zufolge die Anwendungsfälle Peer-to-Peer (P2P) und Point-of-Sale (POS). Über die vergangenen zwölf Monate wurden demnach 41 Prozent der Twint-Transaktionen im Bereich P2P getätigt und 34 Prozent am Point-of-Sale. Ein Viertel aller Transaktionen können dem Bereich E-Commerce und M-Commerce zugeordnet werden. Die durchschnittlichen Beträge variieren dabei in Abhängigkeit des Anwendungsfalles stark. Während an der Ladenkasse im Schnitt Transaktionen in der Höhe von 28 Franken getätigt werden, liegen diese im Bereich der Peer-to-Peer-Überweisungen (78 Franken) respektive im Bereich E-Commerce (62 Franken) deutlich höher.

Lockdown-Effekt bei Mobile Payment?

Das gesellschaftliche Leben und das Verhalten einzelner Menschen hat sich infolge der Coronavirus-Pandemie zwangsläufig verändert. Auch für die Finanzindustrie hat diese Situation spürbare Konsequenzen. Doch welche Folgen hat das auf digitale Angebote und Kanäle in der Finanzindustrie? Die Zahlen zeigen, dass der Einfluss von Covid-19 auch für Twint in den ersten beiden Monaten nach dem Lockdown spürbar war. Gerade die Anzahl an neu registrierten Kunden hat in dieser Zeit stark zugenommen.

Im September 2020 wurden über Twint insgesamt zehn Millionen Transaktionen mit einem Volumen von über 551 Millionen Franken getätigt. Im Februar, vor den Massnahmen im Zusammenhang mit Covid-19, waren es 5.3 Mio. Transaktionen mit einem Volumen von 291 Millionen Franken. Im März 2020 wurde ein Volumen von 333 Millionen Franken mit 5.3 Mio. Transaktionen abgewickelt. Der monatliche Frankenumsatz über alle Anwendungsbereiche von Twint hat im September gegenüber Februar also um 89 Prozent zugenommen.

Bei der Anzahl Transaktionen lagen unmittelbar nach dem Lockdown alle Bereiche unter dem Trend. Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass das Trendwachstum hoch war, insbesondere im E-Commerce. Rund alle sechs Monate verdoppelte sich die Zahl der Transaktionen. Insgesamt zeigt sich, dass das in diesem Jahr festgestellte Wachstum nicht auf den Lockdown zurückzuführen ist, sondern dass eine nachhaltige Veränderung der Menschen in Bezug auf ihr Zahlungsverhalten beobachtet werden kann.

228 Millionen Transaktionen in 2021 erwartet

"Die Anzahl der Transaktionen aller Anbieter wird sich in nächster Zeit weiter erhöhen", ist sich Andreas Dietrich sicher. Er geht davon aus, dass bis im September 2022 monatlich rund 30 Millionen Transaktionen via Mobile Payment getätigt werden. Das ergäbe für das Jahr 2021 insgesamt rund 240 Millionen und im Jahr 2022 ca. 390 Millionen Transaktionen. Dies entspräche im privaten Zahlungsmarkt in Bezug auf die Anzahl der Transaktionen einem "Marktanteil" von rund neun Prozent. Damit wird das Bezahlen via Smartphone aus seiner Nische herausgetrieben.

Mobile-Payment-Studie Schweiz 2020
Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern hat die Nutzung von Mobile Payment in der Schweiz in einer Studie analysiert. Neben verschiedenen Daten der Schweizerischen Nationalbank und dem Bundesamt für Statistik konnte mittels anonymisierten Daten der Schweizer Bezahl-App TWINT ein vertieftes Bild über die Nutzung von Mobile Payment in den verschiedenen Anwendungsbereichen und Landesteilen gemacht werden. In der Studie wird die aktuelle Verbreitung sowie die Entwicklung der Nutzung über die vergangenen Monate analysiert.
Die Mobile-Payment-Studie Schweiz 2020 steht HIER!! kostenlos zur Verfügung.

Grafik: HSLU
Grafik: HSLU