Die Verteilung der Opfer der Sea Turtle Kampagne (Bild: Cisco Talos)

Ciscos Security-Sparte Talos hat eine neuartige Angriffsmethode entdeckt. So sollen Cyberkriminelle u.a. Registrierungsstellen für Domain-Namen ausspioniert haben. Mit den gestohlenen Anmeldeinformationen seien sie in der Lage gewesen, weitere Attacken gegen staatliche Organisationen und andere hochrangige Ziele auszuführen, deren Website-Besucher wurden auf gespiegelte Seiten umgelenkt, um an sensible Daten zu gelangen. Die Opfer konnten den Betrug nur schwer erkennen.

Die von Cisco Talos entdeckte und "Sea Turtle" genannte Angriffskampagne richtete sich demnach gegen mindestens 40 öffentliche und private Einrichtungen. Dazu gehörten nationale Sicherheitsorganisationen, Aussenministerien und grosse Energieversorger aus 13 Ländern, vorwiegend aus dem Nahen Osten und Nordafrika. Um Zugang zu diesen Opfern zu erhalten, wurde zuerst eine Reihe von Drittunternehmen angegriffen, die Dienstleistungen für diese Organisationen erbringen, so Talos. Darunter befanden sich DNS-Registrare, Telekommunikationsunternehmen und Internet Service Provider.

Diese Attacken wurden wahrscheinlich von einem staatlich geförderten Akteur durchgeführt, der einen dauerhaften Zugang zu sensiblen Netzen und Systemen erhalten wollte, betont Talos weiters. Dieser Akteur setzte die Kampagne sogar fort, obwohl bereits verschiedene Aspekte der Aktivitäten öffentlich bekannt waren. In der Regel stoppen oder reduzieren Cyberkriminelle ihre Aktivitäten, sobald darüber berichtet wird. So deute auch dieses Verhalten auf einen staatlichen Akteur hin, der sich vor Verfolgung sicher zu sein scheine und sich kaum abschrecken lasse, heisst es.

Die "Sea Turtle"-Kampagne weist Talos zufolge einige spezielle Merkmale auf. So führten die Angreifer erstmals DNS-Hijacking auf DNS Registrierungsstellen Level aus. Sie seien sehr aggressiv bei diesen Attacken gewesen, inklusive Verwaltungsorganisationen von ccTLDs. Um Anmeldeinformationen zu erhalten, verwendeten sie Let's Encrypts, Comodo, Sectigo und selbstsignierte Zertifikate in ihren MitM Angriffen. Zusätzlich verfügten die Angreifer über enormes Wissen darüber, wie man DNS nutzen und wichtige Internetfunktionen manipulieren kann, in dem Sie DNS interne Protokolle wie Extensible Provisioning Protocol (EPP) zur Manipulation der DNS Einträge verwendeten.

Zugang auf die Netzwerke der DNS-Registrare erhielten sie durch die Ausnutzung bekannter Schwachstellen oder den Versand von Spear-Phishing-E-Mails. Anschliessend stahlen sie legitime SSL-Zertifikate. Typischerweise änderten die Angreifer die DNS-Datensätze staatlicher Organisationen und Energieversorger und leiteten alle Besucher ihrer Websites auf einen bösartigen DNS-Server. Diese Manipulation dauerte von wenigen Minuten bis zu mehreren Tagen. Die Kampagne begann wohl bereits im Januar 2017 und dauerte bis zum ersten Quartal 2019.

Sobald diese Zugangsdaten gestohlen wurden, lässt sich der Angriff praktisch nicht verhindern, bis die Zugangsdaten gesperrt sind. Um sich davor zu schützen, sollte eine Bestätigung über einen anderen Kommunikationskanal erforderlich sein, um Änderungen am DNS-Eintrag einer Organisation vorzunehmen, lässt Talos wissen. Falls der Registrar einen solchen Dienst nicht anbietet, empfiehlt sich laut Talos eine Multi-Faktor-Authentifizierung, um auf die DNS-Einträge des eigenen Unternehmens zu schützen. Netzwerkadministratoren könnten auch passive DNS-Einträge bei den von ihnen verwalteten Domains überwachen, um Unregelmässigkeiten zu erkennen. Wer den Verdacht habe, dass er von einem solchen Angriff betroffen ist, sollte ein netzwerkweites Passwort Reset von einem vertrauenswürdigen Computer aus durchführen.