Das AIT (Austrian Institute of Technology) und ÖIAT (Österreichisches Institut für angewandte Telekommunikation) verstärken ihre Forschungskooperation zur Aufdeckung diskriminierender Preisgestaltung im Internet. Im Rahmen der Förderaktion „netidee“ der Internet Privatstiftung Austria (IPA) als eines von 25 Projekten ausgewählt, entwickelten Experten des ÖIAT und Data Scientists am AIT ein Framework für das Monitoring datenbasierter Preisbildungspraktiken im Online-Handel sowie ein Dashboard für die Analyse und Visualierung der gewonnenen Datensätze.

Das Gerücht, dass das eigene Smartphone, das Kaufverhalten und der Standort ausschlaggebend für einen Preis sein könnten, kennen viele. Doch ob es sich tatsächlich um dynamische oder personalisierte Preisgestaltung handelt, ist für Konsumenten unklar. Mit dem Ergebnis des netidee-Projekts „preis.wert“, das im Dezember 2019 abgeschlossen wurde, konnte ein erster Schritt für mehr Transparenz bei diesen Fragen gesetzt werden.

Die erste Anwendung des Tools zeigt: dynamische Preisgestaltung steht im Online-Handel an der Tagesordnung und es gibt laufend Preisänderungen z.B. bei Mode- und Elektronikartikeln.

Zwischen 16. Mai und 23. September 2019 wurde in zwei Erhebungsphasen die Preisentwicklung bei insgesamt 13 Elektronik- und 7 Modeartikeln in 50 Minuten-Intervallen abgefragt. Ausgewählt wurden jeweils die vier in Österreich absatzstärksten Online-Händler für Mode und Elektronik. Bei allen wurden laufende Preisänderungen festgestellt. Viele Preisbewegungen waren im Bereich unter einem Euro, selten waren Änderungen über 10 Euro festzustellen. Ausgewählte Produkte wurden auch hinsichtlich personalisierter Preisgestaltung untersucht. Dafür wurde mit unterschiedlichen Endgeräten, Cookies und VPN-Adressen zur Simulation eines Standortes außerhalb von Wien, gearbeitet. Eine personalisierte Preisgestaltung war unter diesen Bedingungen im Test nicht feststellbar.

Für die Erhebungen wurde ein spezielles Analysetool - ein sogenannter Crawler - entwickelt, der nun frei zur Anwendung durch Einzelne zur Verfügung steht. Er erlaubt die regelmäßige und automatisierte Abfrage von Preispunkten in Online-Shops. Die Open Source Software steht unter der GPL-3 Lizenz zur Verfügung. Eine mit dem Tool frei zugängliche Anleitung ermöglicht Anwendern mit grundlegendem, technischem Know-How dessen einfachen und raschen Einsatz. Er ermöglicht beispielsweise ein Cookie-Management zum Preisvergleich von Neukunden versus wiederkehrenden Bestandskunden, eine VPN-Steuerung zum Preisvergleich aus unterschiedlichen Geo-Locations und bietet verschiedene User-Clients an, die einen Preisvergleich von unterschiedlichen Geräten aus ermöglichen.

Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung und der rechtlichen Analyse sind als Studie veröffentlicht worden www.mein-preis.at

Das Folgeprojekt Primming („Monitoring von Preisdiskriminierungen bei personalisierter Preisgestaltung für E-Commerce durch Machine-Based-Learning“) untersucht im nächsten Schritt die datenbasierte diskriminierende Preisgestaltung im E-Commerce mit Methoden des Machine Learnings, um Konsumenten vor unfairen Preisen im Internet zu schützen und somit auch Maßnahmen gegen Gendernachteile setzen zu können. Koordiniert wird das Projekt durch das ÖIAT in Kooperation mit dem AIT sowie Ciuvo (Ciuvo ist eine Erweiterung für den Browser und sucht die besten Angebote zu einem Produkt aus einer Vielzahl von Onlineshops) und der Wirtschaftsuniversität Wien.

Ziel ist die Entwicklung eines Preismonitoring-Frameworks, über welches Personas simuliert und Abfrageszenarien generiert werden. Mit diesen können die Preise dann in automatisierten Testungen in einer kontrollierten Infrastruktur erhoben werden. Dafür wird der Crawler das Verhalten von echten Personen nachahmen. Damit wird es möglich, überlappende Schnittmengen unterschiedlicher Diskriminierungsursachen zu identifizieren und diese zu bewerten. Aus den Ergebnissen kann über die Gesetzeskonformität dieser Preisbildungsmaßnahmen im Onlinehandel geschlossen werden.

Das Primming-Framework und die erhobenen Datensätze werden bei Projektende in rund zwei Jahren als Open Source zur Verfügung gestellt. Damit können z.B. Konsumentenschutz-Organisationen in Folge ein systematisches Preismonitoring betreiben und dabei Abfrageszenarien definieren, die auf Parametern wie Standort, Endgerät, User-Client, Cookie-Management oder Userverhalten basieren. Das Tool wird sich auch prognostizierend einsetzen lassen, weil in seine Entwicklung Erfahrungen des AIT mit z.B. vorausschauenden Instandhaltungsverfahren (Predictive Maintenance) miteinfließen werden.

www.ait.ac.at



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