Die Pavilion Architektur (Bild: zVg)

Im härter werdenden Wettbewerb der neuen IT-Anbieter ist das 2014 gegrūndete indische Startup Pavilion Data Systems relativ gut aufgestellt: In mehreren Finanzierungsrunden konnte das Unternehmen mit seinen etwa 85 Mitarbeitern bisher 58 Millionen Dollar an Venture Capital erreichen. Zu den Investoren gehören neben Kleiner Perkins, einem der bedeutenderen Investoren in Startups, Unternehmen wie Artiman, RPS, SK Telecom, Taiwana und Tyche Partners.

CEO Gurpreet Singh stellte während einer Online-Veranstaltung der IT Press Tour die Strategie seines Unternehmens vor. Sie stūtzt sich auf eine Einschätzung des IT-Marktes, nach der sich in den letzten zwei Jahrzehnten zwar deutliche Veränderungen bei Servern und Netzwerken ergeben hätten, aber nicht auf der Storage-Seite: Bei Servern ging die Entwicklung von Single zu Dual und Quad Sockets, so dass sie immer leistungsfähiger wurden, und Netzwerke änderten ihre Struktur von einem Bus-basierten zu einem Switch-basierten Design, das wesentlich mehr Komponenten direkt miteinander verbinden kann. Doch die Storage-Strukturen hätten sich nur wenig erneuert: Festplatten sind zwar zu einem grossen Teil durch SSDs ersetzt worden, aber ihre Performance hätte sich – so Singh – kaum gesteigert. Erst mit der Technologie von NVMe werde das nun möglich.

Pavilion Data sieht sich an der Spitze einer "dritten Welle" von Storage. Sie beginne mit hyperparallelen All Flash Arrays (AFAs), die NVMe und NVMe over Fabric (OF) in einer netzwerk-zentrischen Architektur mit unkomplizierte Scale-up und Scale-out ermögliche. Singh erklärt: "Wir liefern bisher nicht mögliche Speicherdichte und -Performance in Echtzeit, ohne die Komplexität und die Kosten bisheriger Lösungen."

Das Startup sieht sich gut gerūstet für den kommenden, revolutionären Markt von Storage-Geräten mit NVMe-OF und hat bereits zahlreiche Experten für den amerikanischen und europäischen Markt engagiert. Eric Burgener von IDC skizziert diesen Markt: "Im Jahr 2022 werden über 20 Prozent der neuen AFAs NVMe-OF einsetzen, um die Performance und effektive Bandbreite zu optimieren und die Latenzen zu senken."

Ermöglich wird dies durch den Einsatz von NVMe. Non-volatile Memory Express (NVMe) ist eine Technologie, die es SSDs ermöglicht, optimale Leistung aus der Bus-Verbindung Peripheral Component Interconnect Express (PCIe) zu erzielen. Mit NVMe erreichen die Anwender verbesserte IOPS und geringeren Stromverbrauch gegenüber SSDs, die auf SAS- oder Sata-Technologien beruhen. Durch die Verwendung von NVMe over Fabrics (NVMe-OF) wird der Daten-Transfer zwischen Host-Computer und Flash-Laufwerk noch einmal gesteigert, indem ein Netzwerk auf Basis von Ethernet, Fibre Channel oder Infiniband eingesetzt wird. Diese Technologie ist seit einer Weile verfūgbar, wird aber wegen des erforderlichen Know-hows und den Kosten erst in geringem Ausmass in den Unternehmen verwendet.

Ziel von Pavilion Data ist es, die Performance von Direct Attached Storage (DAS) auch in geteilten Netzwerkumgebungen zur Verfūgung zu stellen. Die Umsetzung erfolgt sowohl auf der Hardware- als auch auf der Software-Seite. Das Hyperparallel All Flash Array (HFA) besteht aus bis zu 20 Controllern, Share Memory für Metadaten und schnellem parallelen Zugang zu den SSDs. Das HFA unterstützt Block-, File- und Object-Storage. Alle Controller sind parallel vorbereitet für diese drei Speichervarianten, während ein zweiter Controller für Backup-Funktionen bereitsteht.

Gegenwärtig werden SSDs im U.2-Format unterstūtzt, weitere Formate können je nach Herstelleroptionen hinzukommen. In der zweiten Jahreshälfte 2020 sollen SSDs mit einer Kapazität von 30 Terabyte auf den Markt kommen, ausserdem Optane-SSDs. Ferner soll das Betriebssystem Pavilion OS in der Version 2.4 schnellen Object-Speicher unterstützen und die Monitoring-Software Nagios, Datenkomprimierung sowie Windows-Treiber für NVMe-OF TCP und RoCE integrieren.

Pavilion Data beansprucht, durch Vergleichstests beweisen zu können, dass seine NVMe-OF-Arrays schneller sind und weniger Platz in den Racks beanspruchen als Konkurrenzprodukte. Namentlich nennt Pavilion MinIO, OpenIO und Pure Storage. Wie immer müssen solche Ergebnisse aus dem Hause eines Herstellers jedoch mit Vorsicht zur Kenntnis genommen werden, solange keine unabhängigen Tests vorliegen. Fast jeder Hersteller, ob alt oder neu, zieht sie immer aus der Tasche – und eine kritische Überprüfung ist in der Regel unmöglich.

Laut Pavilion Data haben es traditionelle AFA-Hersteller versäumt, die Vorteile von SSDs und modernen Netzwerken voll auszuschöpfen. Durch nach wie vor vorhandene Latenzen und geringe Bandbreiten könnten moderne Anwendungen wie Social Media, Artificial Intelligence (AI), Machine Learning (ML), Deep Learning (DL) oder Analytics nicht ihr volles Potenzial entfalten. Das indische Startup will dies mit seiner Lösung gründlich ändern.

Die Analysten von 451 Research sind der Ansicht, dass neue Anbieter wie Pavilion Data in der Lage sind, hybride und All-Flash-Speichersysteme entscheidend zu verbessern. Dadurch könne die Storage-Infrastruktur den Anschluss an die Performance von Servern und Netzwerken erreichen. (Siehe den Business Impact Brief von 451 Research "NVMe: The Welcome Aftershock of the Flash Revolution", erhältlich auf https://pavilion.io/app/uploads/2019/11/10817_Advisory_BIB_PavilionData.pdf.)

Die Präsentation von Pavilion während der virtuellen IT Press Tour wirkte – auch im Unterschied zu anderen teilnehmenden Herstellern auf diesem virtuellen Event – durchdacht und professionell. Allerdings war man nicht in der Lage, genau zu belegen, wie viele Kunden man aktuell hat - es hiess lediglich "viele". Es wirkt auch nicht so überzeugend, wenn man selbst auf Nachfrage nicht den Namen eines "grossen" Kunden nennen kann oder will. Insofern ist das Startup sehr schnell auf der ausgeleierten Marketingschiene vieler alteingesessener IT-Hersteller angekommen, die nur zu gerne mit ihren selten glaubwürdigen "Customer Stories" protzen.

Bild: zVg
Bild: zVg
Gurpreet Singh, CEO von Pabilion Data Systems (Bild: zVg)
Gurpreet Singh, CEO von Pabilion Data Systems (Bild: zVg)