Ein autonomer Roboter montiert Spiegelelemente für ein Teleskop. (© DLR)

Weltraumteleskope der nächsten Generation sind riesige Präzisionsinstrumente. In einem Stück lassen sie sich aber nicht mehr in den Orbit bringen. Die Lösung könnte die Endmontage von Modulen im Weltraum sein. Da der Einsatz von "menschlichen Monteuren" kostspielig und gefährlich ist, sollen vollautonome Roboter diese Aufgabe übernehmen. Ein internationales Team arbeitet an dieser Zukunftsvision: Im europäischen Millionenprojekt "Pulsar" zeigt CSEM, wie ein grosser Teleskopspiegel auf diese Weise gebaut werden könnte.

Weltraumteleskope liefern ganz neue Informationen über das Universum. Das berühmte Hubble-Teleskop hat der Astronomie zu unglaublichen Fortschritten verholfen. Dasselbe wird von dessen Nachfolger erwartet, dem James-Webb-Weltraumteleskop, das seit dem 25.12.2021 auf dem Weg zu seinem Zielpunkt ist, den es am 24. Januar dieses Jahrs erreichen soll.

Damit man noch mehr Erkenntnisse über den Kosmos gewinnen kann, müssen die Teleskope der nächsten Generation sehr viel grösser sein. Da aber die Kapazität der Raketen beschränkt ist, stellt sich die Frage, wie so grosse Spiegel in den Weltraum gebracht werden können. Eine derzeit diskutierte Lösung besteht darin, die Teleskope in ihren Einzelteilen ins All zu schicken und sie im Orbit von autonomen Robotern zusammensetzen zu lassen. Dieser Vision kommt jetzt das EU-finanzierte Projekt "Pulsar" (Prototype of an Ultra Large Structure Assembly Robot) ein Stück näher.

"Pulsar" liefert Bausteine für den autonomen Zusammenbau grosser Konstruktionen im All. Acht europäische Partner unter der Leitung von Magellium (FR) haben sich mit CSEM zusammengetan. Ein erstes Resultat ist eine autonome, hochpräzise Robotikplattform, die den Hauptspiegel eines Teleskops zusammensetzen kann. Der autonome Zusammenbau wird an einem Modell des Spiegels im Massstab 1:3 (300 mm x 180 mm) vorgeführt, das aus sechs je 11 kg schweren Kacheln besteht. Diese Kacheln, die im Modell mit einer transparenten Platte bedeckt sind, würden im Realfall je einen Spiegel tragen.

"Später kann man sich vorstellen, einen Spiegel mit einem Durchmesser von 35 Metern aus viel mehr Kacheln zusammenzusetzen", erklärt der CSEM-Ingenieur Julien Rouvinet. "Es hat jedoch keinen Sinn, die Montage in diesen Dimensionen zu testen, denn das Gewicht einer so grossen Konstruktion würde auf der Erde Probleme machen, während es im Weltraum überhaupt keine Rolle spielt."

Ein Roboterarm greift dabei die sechs Einheiten und verbindet sie miteinander. Eine Besonderheit: Zwei der sechs vom CSEM entwickelten Module sind mit speziellen, justierbaren Halterungen für das Spiegelelement ausgerüstet. Damit kann dessen Position mit einer Genauigkeit in der Grössenordnung eines Mikrometers (ein Fünfzigstel der Dicke eines Haares) ausgerichtet werden. So sieht das Teleskop noch schärfer.

Diese Genauigkeit wird durch den Einbau von elastischen, im 3D-Druckverfahren hergestellten Gelenken erreicht – eine Premiere bei dieser Art von Weltraumprojekten. "Dadurch kann der Mechanismus ohne Reibung und Verschleiss arbeiten und braucht nicht geschmiert zu werden, was eine lange Lebensdauer und eine hohe Präzision gewährleistet", erklärt Rouvinet.

"Pulsar" ist ein erster Meilenstein, die Forschung in diesem Bereich hat eben erst begonnen. "Grossdimensionale Konstruktionen im Weltraum können auch für andere Anwendungen nützlich sein", erklärt Rouvinet weiters. "Solche Robotikplattformen könnten für die Reparatur von Satelliten, zum Nachtanken von Weltraumstationen sowie zur Montage von Weltraumsolarzellen oder sogar von grossen Hitzeschilden bei einer Marslandung eingesetzt werden."

Gebannt verfolgt die wissenschaftliche Welt entsprechend die Mission des James-Webb-Weltraumteleskops: das grösste Gerät, das mit den heutigen Mitteln ins Weltall geschickt werden kann. Wie die Zukunft aussieht, ist offen, denn Pulsar ist nicht allein im Rennen. "Die Nasa arbeitet zum Beispiel an einem faltbaren Teleskop, das in den von SpaceX versprochenen grösseren Raketen transportiert werden könnte", so Antoine Ummel, Projektmanager am CSEM. "Sobald vom James-Webb-Weltraumteleskop die ersten Bilder eintreffen, wird die Forschung intensiviert werden", sagt er voraus.

Die 3D-Druck-Elemente vom CSEM wurden an der ESA-Konferenz ESMATS vorgestellt. Sie stehen auch auf dem Programm der ersten internationalen Konferenz über Advanced Manufacturing, die 2022 von der ESA und der Nasa gemeinsam organisiert wird.

Sechs sechseckige Module sind hier verbunden. Sie tragen später Reflektoren und sind Teil des Teleskopspiegels. Oben links und rechts sieht man eine dreieckige, justierbare Halterung
Sechs sechseckige Module sind hier verbunden. Sie tragen später Reflektoren und sind Teil des Teleskopspiegels. Oben links und rechts sieht man eine dreieckige, justierbare Halterung