Grafik: Init7

In dem ungewöhnlich lange dauernden Verfahren "Interconnect Peering" gab die Eidgenössische Kommunikationskommission (Comcom) nun dem Gesuch, das Init7 im März 2013 eingereicht hatte, statt und verpflichtet die Swisscom auf Basis eines sogenannten Zero-Settlement-Peerings Interkonnektionen mit Init7 zu betreiben. Das Verfahren umfasste zwei Marktuntersuchungen des Bakom, mehrere Gutachten der Wettbewerbskommission (Weko), eine Stellungnahme des Preisüberwachers sowie je ein Parteigutachten von Init7 und Swisscom.

2018 hatte die Comcom noch gegen Init7 entschieden, doch das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) hob die damalige Verfügung im April 2020 auf und schickte den Fall zur Neubeurteilung an die Comccom zurück. Mit dem vorliegenden Entscheid, der sich auf Artikel 11 des Fernmeldegesetz FMG stützt, verfüge erstmals ein europäischer Telekom-Regulator über Internet-Peering, teilte Init7 via Aussendung mit. Der Entscheid werde in der Branche im In- und Ausland Wellen schlagen, so das Winterthurer Unternehmen. Im Verlauf des Verfahrens habe es sich nämlich gezeigt, dass Swisscom zusammen mit der Deutschen Telekom ein Kartell gebildet habe, um von Content-Anbietern Zahlungen zu erzwingen. Internet-Provider verfügten über ein technisches Monopol des Zugangs zu ihren Endkunden. Swisscom habe gleichsam als Türsteher fungiert - nur wer "genug" zahlte, habe Traffic (z.B. Video-Streaming) zu ihren Endkunden senden können, betont Init7 im Schreiben.

Gemäss der Init7-Mitteilung umfasst die Verfügung der Comcom im Wesentlichen folgende Punkte:
• Swisscom wird aufgrund der Marktbeherrschung im relevanten Markt (dem Zugang zu ihren Endkunden) zur kostenorientierten Interkonnektion mit Init7 verpflichtet. Die anrechenbaren Kosten umfassen ausschliesslich jene der Routerports und des Kabels, die für die Interkonnektion anfallen. Da bei beiden Partnern gleich hohe Kosten anfallen, trägt jeder seine eigenen Kosten. Auf eine gegenseitige Verrechnung wird verzichtet. Daher beträgt der kostenorientierte Preis CHF 0.00, was als Zero-Settlement-Peering bezeichnet wird.
• Die Traffic-Ratio, also das Verhältnis zwischen ein- und ausgehendem Traffic, wird von der Comcom als irrelevant gewertet, denn die Fliessrichtung der Daten beeinflusst die Kosten nicht. Bisher verwendete Swisscom die Traffic-Ratio als Kriterium, eine Zahlung zu verlangen, denn das Traffic-Muster von Content-Anbietern ist normalerweise stark asymmetrisch.
• Traffic von Content-Anbietern wird fast immer durch Endkunden der Swisscom angefordert, indem beispielsweise ein Link zu einem Video angeklickt wird. Die Comcom beruft sich auf das Verursacherprinzip, die anfallenden Kosten sind bereits durch das Breitband-Abonnement der Endkunden gedeckt. Eine zusätzliche Kostenbeteiligung der Content-Anbieter ist nicht statthaft.
• Swisscom wird zu kooperativen Upgrades verpflichtet, sobald 50 Prozent der Nennkapazität ausgelastet ist.
• Die vertragliche Beziehung zwischen Swisscom und der Deutschen Telekom ist aus Sicht von Init7 weiterhin kartellrechtswidrig; dies zu ahnden obliegt jedoch der Weko.
• Swisscom muss die bisher angefallenen Verfahrenskosten von ca. CHF 170‘000 tragen.

Die Verfügung ist noch nicht rechtskräftig. Swisscom hat noch die Möglichkeit, Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einzureichen. Allerdings scheinen die Chancen auf ein Urteil im Sinne der Swisscom aus Sicht von Init7 sehr gering, da das BVGer bereits im April 2020 in dieser Sache zugunsten von Init7 entschieden habe.



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