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In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) wurde im Rahmen des 11. SPIK (Schweizer Polizei-Informatik-Kongress) in Bern vor 750 Kongressbesuchern umfassend über die Zukunft der Kommunikation mit Blaulichtorganisationen diskutiert. Die Referenten sind sich einig: Die Bedeutung der Datenkommunikation nimmt stark zu. Für eine optimale Lösung müssen alle Akteure zusammenarbeiten, sagte Peter Wüthrich, Chef Infrastrukturen des Babs. Am zweitägigen Anlass wurden ausserdem die neusten Innovationen in der Polizeiinformatik präsentiert.

Die priorisierte Datenkommunikation stand im Mittelpunkt des ersten Tages des 11. SPIK in Bern. Peter Wüthrich, Chef Infrastrukturen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (Babs), wünschte sich in seinem Eingangsvotum zum Thema mobile Sicherheitskommunikation (MSK), dass auch im Bereich der sicheren Mobilkommunikation ein digitaler "Rettungskorridor" existierte – wie heute für die Blaulichtorganisationen der Pannenstreifen auf der Autobahn.

"Bandbreite jederzeit und überall", sagte Wüthrich. Um anzufügen: "Wir müssen zusätzlich zu den Netzen der Mobilfunkanbieter weitere Basisstationen – zum Beispiel im Grenzraum – zuschalten und über National Roaming mit allen Telcos verbinden können." Wüthrich gab sich überzeugt, dass eine Zusammenarbeit zwischen allen Interessengruppen der Schlüssel zum Erfolg sei.

Sanne Stijve (LTE-/5G-Spezialist für Industrien & Behörden, Ericsson), Raphael Aebersold (Head of Public Safety Communication, Swisscom Broadcast), Thomas Breu (Leiter ICT Kapo SG), Dr. Iwan Schnyder (Business Development Axpo WZ-Systems) und Ulrich Borch (Global Head of Strategy Public Sector and Defense, Nokia) zeigten in ihren Vorträgen, dass ihre Unternehmen fit sind für die 5G-Technologie und den Bedürfnissen der Blaulichtorganisationen in naher Zukunft entsprechen können.

Copernicus verändert die Welt

Eröffnet wurde SPIK im Stade de Suisse von Thomas Beer, Koordinator Politik bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA). Er legte dar, wie sich das Weltbild – und damit die Welt – mit den Möglichkeiten des Satelliten-gestützten Erdbeobachtungsprogramms Copernicus verändert hat. Miteinbezogen wurde auch die Unterstützung mit Bild- und Datenmaterial für die Einsatzorganisationen im Fall von Naturkatastrophen, Epidemien und humanitärer Not.

Interessant war das Referat von Renato Krpoun, Chef Swiss Space Office. In seinem Vortrag ging es um die neusten Entwicklungen und den Zusammenhang zwischen Digitalisierung, Raumfahrt – und die vielfältigen neuen Möglichkeiten für die Polizei und anderen Blaulichtorganisationen. Satelliten würden längst nicht mehr nur Fernseh- und Wetterbilder liefern, sagte Krpoun. Der Wunsch nach ununterbrochener Verbindung, Präzisionsnavigation oder zeitnahen Informationen über den Planeten Erde seien bereits heute starke Treiber in der Entwicklung des Raumfahrtsektors.

"Telekommunikationssatelliten entwickeln sich dabei verstärkt zu Datenverarbeitungssystemen, die Punkt-zu-Punkt Breitbandverbindungen anbieten, unter anderem für kritische Kommunikationsbedürfnisse", betonte Krpoun. Dank des zukünftigen Austausches von quanten-kryptographischen Schlüsseln über weltraumbasierte Systeme dürfte die Cyber-Sicherheit verbessert werden, meinte Krpoun zum Abschluss seines Referats.

Polycom-Funknetz bewährt sich in Bondo bestens

Abgeschlossen wurde der erste Tag von Patrick Brunold, Stv. Chef kantonaler Führungsstab Graubünden. Er führte den Anwesenden noch einmal den Bergsturz in Bondo vor Augen. Im August 2017 kam es am Piz Cengalo zu einer der grössten Naturkatastrophen der letzten Jahrzehnte. Unmittelbar nach dem Bergsturz leitete die Kantonspolizei den Ersteinsatz mit allen Bevölkerungsschutzpartnern über Polycom, das flächendeckende Sicherheitsnetz Funk der Behörden und Organisationen für Rettung und Sicherheit (BORS). "Wer führen will, muss kommunizieren können", sagte Brunold. Und fügte an: "In der Ereignisbewältigung stand von Beginn weg das Polycom-Funknetz im Einsatz – und bewährt sich seither bestens."

Bodycam hat deeskalierende Wirkung

Am zweiten Kongresstag zog das Referat "Bodycams: Erfahrungsbericht aus Zürich" viele Interessierte in seinen Bann. Hauptmann Markus Hollenstein, Chef Sonderkommissariat und Daniel Hänni, Chef Informatik, Stadtpolizei Zürich, referierten über ihre praktischen Erfahrungen mit der Bodycam, die seit Februar 2017 zum Einsatz kommt. Ihr persönliches Fazit: Die von polizeilichen Einsatzkräften sichtbar getragene Videokamera habe im Kampf um Gewalt und Respektlosigkeit gegenüber der Stadtpolizei eine deeskalierende Wirkung. Demnächst werden die Resultate des Pilotversuchs, der von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) begleitet wurde, veröffentlicht.

Einer der Höhepunkte war der Vortrag "Internationale Krisenvorhersage mittels Machine Learning", gehalten vom Auswärtigen Amt (Deutschland) und SAP Schweiz. Rechtzeitiges Erkennen krisenhafter Entwicklungen und frühes, entschiedenes Handeln seien Voraussetzungen für eine erfolgreiche Aussenpolitik, sagten die Referenten. Aus diesem Grund wurde Ausbau von Frühwarnmechanismen als Kernziel definiert. Gleichzeitig stünden wir vor der Herausforderung einer ständig ansteigenden Masse an Daten und Informationen. Noch würden wir zu viel Zeit für Recherche und Informationsaufbereitung verwenden, zu wenig für Analyse und Strategieformulierung.

Eines der weiteren Highlights war die Unterstützung der Polizistinnen und Polizisten durch Chatbots. Als krönender Abschluss des SPIK-Kongresses spannte Thomas Ulrich einen Bogen zwischen Abenteuer und Polizeiarbeit. Der Abenteurer und Extremfotograf fand dabei erstaunliche Parallelen.

Am 11. SPIK nahmen insgesamt über 750 VertreterInnen aus Polizei und Wirtschaft, IT-Experten verschiedener Branchen und Teilnehmer aus der Politik teil – um sich auszutauschen und Trends zu diskutieren. Der jährliche Anlass ist die nationale Plattform für den Erfahrungsaustausch zu den Themen Polizeiinformatik und Bekämpfung von Cybercrime. Neben den 29 Referaten konnten sich die Teilnehmenden an 25 Messeständen vom praktischen Nutzen der präsentierten Lösungen überzeugen.

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11. SPIK in Bern: Auch Podiumsdiskussionen waren angesagt (Bild: zVg)
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Hauptmann Markus Hollenstein, Chef Sonderkommissariat und Daniel Hänni, Chef Informatik, Stadtpolizei Zürich, referierten über ihre praktischen Erfahrungen mit der Bodycam, die seit Februar 2017 zum Einsatz kommt (Bild: zVg)