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In der Schweiz steht die Digitalisierung der Kundenbeziehungen in vielen Bereichen noch am Anfang. Der Bedarf sei zwar kundenseitig vorhanden, noch aber fehlten die entsprechenden Angebote. Besonders gross sei das Innovationspotenzial in der Versicherungsbranche (inklusive Krankenversicherer), aber auch die Banken hätten in etlichen Bereichen noch Nachholbedarf. Dies sind einige der zentralen Erkenntnisse aus einer Umfrage, die das Marktforschungsunternehmen GFK im Auftrag des Digitalisierungsspezialisten TI&M durchgeführt hat.

Spitzenreiter unter den digitalisierten Diensten in der Schweiz ist gemäss der Studie das Onlinebanking: 91 Prozent der Umfrageteilnehmer nutzen demnach eine entsprechende Dienstleistung. Ebenfalls hoher Akzeptanz erfreuen sich Online-Tickets für den Personenverkehr (75 Prozent) und Online-Payment (73 Prozent). Die Positionierung dieser seit längerem verfügbaren Services zeige, dass sich Prozesse nicht von heute auf morgen transformieren liessen, heisst es in der Untersuchung. Ihre Durchsetzung benötige Zeit und Geduld. Etwas weniger fortgeschritten sei der digitale Kundenkontakt zwischen Bürger und Verwaltung: Immerhin drei von fünf Befragten füllten ihre Steuererklärung online aus und 54 Prozent nutzten einen Onlineschalter für Transaktionen mit öffentlichen Ämtern, belegt die Umfrage. Noch weniger genutzt würden die digitalen Services der Versicherungsbranche wie die Onlineabwicklung von Schadensmeldungen (42 Prozent) und Leistungsabrechnungen (39 Prozent).

Innovationsrückstand bei den Versicherern

Neben der reinen Nutzung der Dienstleistungen untersuchte die Studie auch, inwiefern die Dienste subjektiv den Alltag der Kunden vereinfachen und wie zufrieden diese mit der aktuellen Umsetzung sind. Ein Vergleich dieser Werte macht deutlich, wo sich die grössten Potenziale für die Digitalisierung verbergen. Über die besten Wachstumschancen verfügen demnach das mobile Banking und Bezahlen sowie das Management der persönlichen Finanzen. Einen grossen Innovationsrückstand weist der Versicherungsbereich auf: Hier würden sich viele Kunden zusätzliche Angebote wünschen, die heute noch weitgehend fehlen.

Weiteres Verbesserungspotenzial offenbart sich in branchenübergreifenden Themen des digitalen Kundenservice wie Onboarding (d. h. Neukundenaufnahme), Kundenportal, Chat und Terminvereinbarung. Die grösste Kluft zwischen Wunsch und Realität findet sich beim E-Voting. Über siebzig Prozent der Umfrageteilnehmer würden gerne online abstimmen und wählen, doch erst vier Prozent können es. Die Studienmacher sehen darin einen klaren Auftrag an die Politik.

Die Untersuchung darüber hinaus, welche Anbieter bei den Kunden gut abschneiden. Und sie verdeutlicht, dass es bei der Nutzung von Onlinediensten eine Diskrepanz zwischen den Geschlechtern gibt: Alle untersuchten Dienstleistungen werden mehr von Männer genutzt als von Frauen.

"Digitalisierung scheint bisher vor allem ein beliebtes Schlagwort bei Strategieberatern zu sein", kommentiert Thomas Wüst, Gründer und CEO von TI&M.

Methodik:
Die Studie "Digitalisierung im Alltag" basiert auf einer Onlinebefragung von rund 1500 Deutschschweizern und Personen in Deutschland im Alter von 15 bis 75 Jahren. Durchgeführt wurde die Befragung im Oktober 2017.
www.ti8m.ch/ueber-uns/publikationen/Digitalisierungsstudie.html

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\"Digitalisierung scheint bisher vor allem ein beliebtes Schlagwort bei Strategieberatern zu sein\", sagt Thomas Wüst, Gründer und CEO von TI&M (Bild: zVg)