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Forscher des Imperial College London haben ein neues System geknackt, das als vielversprechender technologischer Durchbruch in Sachen Datensicherheit gehandelt worden ist. Die entsprechende Technologie namens "Diffix", die vom deutschen Start-up Aircloak in Kooperation mit dem Max Planck Insitute for Software Systems entwickelt wurde, setzt auf eine dynamische Anonymisierung bei jeder einzelnen Datenabfrage. Die Forscher haben es trotzdem mit nur zehn gezielten Abfragen geschafft, dem System individuelle Daten abzuluchsen.

"Das Sammeln von hochqualitativem Datenmaterial durch die direkte Abfrage in Datenbanken, ohne dabei die spezifischen Informationen eines bestimmten Individuums offenzulegen, auf das sich ein Eintrag bezieht, galt lange als unerreichbarer Traum", heisst es auf der Website von Aircloak. Mit Diffix habe man aber nun endlich diesen Traum erfüllen können. Möglich wird das durch eine dynamische Anonymisierung von Daten, die bei jeder Datenabfrage wieder jeweils neu verschlüsselt werden. Ausserdem wird bei jeder Abfrage zusätzlich Datenmaterial als "Noise" hinzugefügt, um eine genauere Identifizierung und Zuordnung zu erschweren.

"Das Ziel unserer Attacke auf Diffix ist es, aufzuzeigen, dass wir in Bezug auf neue Datenschutzsysteme volle Transparenz und eine lebhafte Community brauchen, die Zugang zu diesen Technologien hat, um potenzielle Schwachstellen zu finden und auszumerzen", erklären Andrea Gadotti, Florimond Houssiau, Luc Rocher und Yves-Alexandre de Montjoye vom Data Science Institue des Imperial College London. "Wir müssen akzeptieren, dass kein System perfekt ist", so die Forscher: "Es wird Angriffe geben und einige davon werden erfolgreich sein. Wir müssen uns darauf vorbereiten."

Wenn es um möglichst sichere, aber gleichzeitig auch möglichst effiziente Systeme zur Datenverwaltung und -abfrage geht, gelten Technologien wie Diffix, die auf eine dynamische Anonymisierung setzen, als neue Hoffnungsträger. Erst kürzlich wurde die Aircloak-Entwicklung sogar von der französischen Datenschutzbehörde CNIL offiziell für den kommerziellen Einsatz zugelassen und bestätigt, dass sie die Richtlinien des neuen EU-Datenschutzgesetzes GDPR (General Date Protection Regulation) voll und ganz erfüllen würde.

Den Experten aus London ist es allerdings trotz der beschriebenen Schutzmassnahmen relativ einfach gelungen, via Diffix an personenbezogene Daten heranzukommen. Hierfür haben sie lediglich zehn sorgfältig ausgewählte Abfragen benötigt. "Auf diese Weise war es möglich, die individuellen und privaten Attribute einer Person mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9 Prozent ausfindig zu machen", schildern die Wissenschaftler. Zum Beispiel konnten sie so herausfinden, ob jemand HIV hat oder nicht.

Aircloak-CEO Felix Bauer begnet dem allerdings: "Die beschriebene Attacke der Forscher des Imperial College ist rein theoretisch - sie ist nie durchgeführt worden und würde in einem realen Datensatz nur unter extremen Randbedingungen für extrem wenige Nutzer funktionieren. Sie ist weiterhin durch Diffix' nächstes Update bereits unmöglich gemacht worden. Wir freuen uns, dass Forscher und Hacker Angriffe auf das Diffix-System fahren. Genau die von den Imperial-Kollegen angesprochene Transparenz und das Mitwirken der Community sind entscheidend. Deswegen fördern und unterstützen wir dies auch durch unsere Aircloak Attack Challenge und bezahlen Angreifer sogar für Erfolge."
http://imperial.ac.uk
http://bit.ly/2rkLeHU
http://mpi-sws.org



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