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Bezahlen mit dem Handy oder Smartphone wird schon bald zum Alltag gehören. Welche Eigenschaften ein solches mobiles Zahlungsmittel besitzen muss, war Gegenstand der Masterarbeit von Jeannine Boschung, welche am Lehrstuhl für Management der IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie) an der wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg verfasst wurde.

Ein Gastbeitrag von Jeannine Boschung, IIMT, Universität Fribourg und Prof. Dr. Stephanie Teufel, IIMT, Universität Fribourg

Im Rahmen der Masterarbeit von Jeannine Boschung wurde der Schweizer Mobile Payment Markt (M-Payment) untersucht, und es zeigte sich, dass Erfolgsfaktoren wie Einfachheit, Verbreitung und Kosten eine zentrale Rolle spielen. Sind diese Merkmale nicht ausreichend erfüllt, steigt das Risiko, dass M-Payment nicht akzeptiert wird und herkömmliche Zahlungsmittel (wie Paypal, Kreditkarte oder Rechnung) bevorzugt werden.

Einfachheit gefordert

Unter „Einfachheit“ wird eine schnelle und einfache Abwicklung der Zahlung verstanden. Ausserdem muss ein Zahlungsvorgang transparent sein, damit der Zahlende den Vorgang verstehen und somit Vertrauen und ein Sicherheitsgefühl für das M-Payment aufbauen kann. Transparenz führt auch zur Überschaubarkeit des Abrechnungsvorganges. Ein weiteres Kriterium ist die Registrierung des Zahlenden im Vorfeld. So zeigte sich, dass ein umständliches Registrierungsverfahren als grosses Akzeptanzhemmnis gesehen wird. Kann der Benutzer ohne eine solche Registrierung im Vorfeld das M-Payment Zahlungsmittel benutzen, dann erhöht sich die schnelle und spontane Abwicklung und somit die Akzeptanz. Eine Möglichkeit wäre es, den Zahlungsablauf über einfaches „Klicken“ ohne vorherige Registrierung (wie zum Beispiel Easypay) zu ermöglichen. In diesem Fall würde die einmalige Bestätigung ausreichen, um den Kauf zu tätigen. Damit sind Einfachheit, Schnelligkeit und Spontanität eines M-Payment Zahlungsmittel gewährleistet. Die Einfachheit des Einsatzes spielt aber nicht nur für den Endnutzer eine wichtige Rolle, sondern auch für Onlineshops, die eine einfache Integration des M-Payment-Zahlungsmittel in ihre jetzigen Systeme verlangen.

Verbreitung und Verfügbarkeit

Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor besteht in der „Verbreitung“. Unter diesem Merkmal sind wiederum mehrere Aspekte erfasst. So kann unter anderem die Verbreitung mit der Verfügbarkeit gleichgestellt werden. Es muss darauf geachtet werden, dass das Zahlungsmittel schnell und bei möglichst vielen Anbietern einsetzbar ist. Dies setzt jedoch eine bedeutende Endnutzeranzahl voraus. Die Verbreitung wird folglich auch mit dem Nutzerpotential gleichgestellt. Zusätzlich sollten Endnutzer nicht eingeschränkt werden und ein breiter Kundenstamm muss aufgebaut werden. Dies ist nur möglich, wenn der Zahlungsdienst möglichst vielen M-Payment-Zahlungswilligen offen steht und nicht durch unternehmensspezifische Merkmale eingeschränkt wird. Während der Untersuchung zeigte sich, dass die Verbreitung des M-Payments vor allem mit der Marktdurchdringung des Smartphone-Markes zusammenhängt. Dieses Erfolgspotenzial ist auf dem Schweizer Markt bereits gegeben. Vermehrt wird das Internet mobil genutzt und führt ebenfalls dazu, dass mobile Zahlungsmittel langfristig häufiger eingesetzt werden. Die Verbreitung steht zudem auch in Verbindung mit Social Networks, in denen sich die Endnutzer untereinander austauschen oder Empfehlungen aussprechen. Dadurch wird ein langfristiger Erfolg ebenfalls gefördert.

Erfolgsfaktor Kosten

Ein dritter Erfolgsfaktor sind die „Kosten“, genauer betrachtet, die Transaktionskosten. Diese müssen unbedingt in einem akzeptablen Rahmen liegen. Diese Anforderung entsteht dadurch, dass mit mobilen Zahlungsmöglichkeiten vor allem Dienstleistungen im Mikrobereich, also Produkte mit sehr tiefen Preisen, erworben werden und somit die Profitbereiche kleiner sind. Weiter sollten keine Fixkosten oder hohe Installationskosten für die Onlineshop-Besitzer entstehen. Doch nicht nur für den Onlineshop Besitzer müssen die Kostenfaktoren stimmen, sondern auch für den Endnutzer. Für ihn ist die Zahlungsmethode nur dann interessant, wenn keine Zusatzkosten entstehen.

Vertrauen zentral

Neben den drei beschriebenen Haupterfolgsfaktoren sind zusätzliche Merkmale wie Sicherheit, Akzeptanz sowie Nutzen wichtig. So wird ein langfristiger Erfolg nur garantiert, wenn ein durchgängiger Sicherheitsstandard gewährleistet wird, der vor Missbräuchen schützt. Die Sicherheit wird als wichtiges Thema angesehen, da durch Smartphones die Verknüpfung mit Standortdaten ermöglicht und somit der Datenschutz zu einem zentralen Aspekt wird. Des Weiteren äussert sich die Sicherheit in der Stabilität - im Sinne von Verfügbarkeit - eines Zahlungsmittels. So dürfen die Instrumente nicht störanfällig sein. Funktionieren sie einwandfrei, kann dies positive Auswirkungen auf das Image des Zahlungsmittelentwicklers haben. Es darf nicht vernachlässigt werden, dass immer zwischen Sicherheitslevel und Benutzerfreundlichkeit abgewogen werden muss.

Sicherheitsanforderungen dürfen nicht überbewertet werden, da durch M-Payment vor allem Kleinstbeträge abgedeckt werden. Ein weiterer Faktor, der mit Sicherheit verbunden wird, ist die Risikoübernahme. Übernimmt der Zahlungsmittelanbieter das Zahlungsausfallrisiko, kann eine höhere Verbreitung des Instrumentes in Shops erzielt werden, da sich dadurch die Sicherheit der Shopbesitzer erhöht. Ist das Sicherheitsgefühl vorhanden, kann ein weiterer Erfolgsfaktor – die Akzeptanz – erreicht werden. Es muss darauf geachtet werden, dass Endnutzer das Zahlungsmittel soweit akzeptieren, dass sie sich damit identifizieren. Langfristig besteht eine Methode nur, wenn der Endnutzer sie als vertrauenswürdig einstuft. Hinter dem Vertrauen steht der Nutzen. So wird eine Marke eines Unternehmens jeweils mit einem bestimmten Wert assoziiert. Sind diese Werte bekannt und werden als positiv empfunden, hat ein Zahlungsmittel eine grössere Chance sich auf dem Markt langfristig zu positionieren. Folglich muss ein klarer Nutzen feststellbar sein, weshalb Händler eine entsprechende Zahlungsart anbieten sollen.

In der Schweiz herrscht noch Zurückhaltung

In der Schweiz existieren bereits Anbieter, die M-Payment (wie Swisscom, Sunrise, Postfinance) bereitstellen. Jedoch erfüllt noch keine bestehende Methode auf dem Schweizer M-Payment Markt alle oben erwähnten Erfolgscharakteren optimal. Zusätzlich besteht noch eine zurückhaltende Haltung in der Anwendung. Einerseits herrscht Verunsicherung bezüglich des Sicherheitsaspektes und andererseits sind Endnutzer oft nicht gewillt, auf ein neues Zahlungsinstrument umzusteigen. Es existiert bereits eine Vielfalt von etablierten Zahlungsmethoden, und Nutzer haben Schwierigkeiten, die Qualität der neuen Zahlungsmittel zu beurteilen. Doch auch bei Onlineshop-Betreibern gibt es Barrieren. Sie sind unsicher, ob sie neben bestehenden Zahlungsarten zusätzlich noch eine mobile Methode implementieren wollen bzw. sollen.
Diese Unschlüssigkeit entsteht vor allem dadurch, dass die Abschätzung des Potenzials und die zukünftige Entwicklung der M-Commerce Branche schwer vorhersehbar ist. Im Gegensatz dazu zeigen aktuelle Untersuchungen aber, dass die Prognosen gut stehen. Endnutzer werden vermehrt den Umgang mit mobilen Endgeräten entdecken und lernen ihre Bedürfnisse über die mobile Internetnutzung zu stillen. Zudem bietet die hohe Dichte von Smartphones in der Schweiz eine gute Ausgangslage für M-Commerce. Weiter verfügt die Nation über hervorragende Infrastrukturen und könnte somit in diesem Markt eine Vorreiterrolle einnehmen. Schliesslich sprechen Entwicklungen wie grössere Bildschirme oder intelligente Einsatzmöglichkeiten von Smartphones sowie Identifikationsmöglichkeiten der Endnutzer für eine vielversprechende Zukunft. Zusammenfassend kann sich aber nur die Payment-Methode durchsetzen, die eine Ausgewogenheit der oben beschriebenen Erfolgsfaktoren erreicht.

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Bild: Smarcom