thumb

Eine neue Kategorie von Software-Anbietern bereitet den grossen Internet-Konzernen Sorgen. Es tauchen vermehrt Programme auf, die nach der Installation die Werbeflächen auf Internetseiten dreist mit eigenen Inseraten überdecken, wie das Wall Street Journal berichtet.

Das ist ein Angriff auf das Geschäftsmodell von Firmen wie Yahoo, Facebook oder Google. "Der Konsum von Werbung ist der Preis, den User für die kostenlose Nutzung von Web-Angeboten zahlen. Aus Marketing-Sicht verzerrt ein Parallel-Anbieter die Daten und erschwert eine Auswertung", sagt etwa Acris-Geschäftsführer Wolfgang Kern.

Die Werbe-Programme locken Nutzer mit verschiedenen Versprechen. Manche ermöglichen eine individuelle Gestaltung von Facebook-Accounts, andere lassen die User mehrere Suchmaschinen gleichzeitig verwenden. Die kleinen Anwendungen werden im Browser installiert und versehen anschliessend dauerhaft ihren Dienst. Anbieter solcher Software werden teilweise schon mit Unterlassungsklagen bekämpft, bisher aber ohne Erfolg. Die Argumentation der Kuckucksei-Werber ist, dass User das Angebot freiwillig herunterladen, in voller Kenntnis der Funktion der Programme und dass es keinerlei vertragliche Verpflichtungen gegenüber den Anbietern der überdeckten Werbung gibt.

Die Werbe-Software erfreut sich erstaunlich grosser Beliebtheit. Die Programme der Sambreel Holdings LLC aus Kalifornien, die seit 2008 im Geschäft ist, wurden angeblich mehr als 21 Millionen Mal heruntergeladen. Ausserdem kommen jeden Monat zwei Millionen Downloads dazu. "Aus jetziger Sicht glaube ich nicht, dass solche Programme für die grossen Player eine Bedrohung darstellen. Die User werden immer vorsichtiger und installieren nicht gerne Programme. Apps auf Smartphones sind da noch eher ein Problem. Die grossen Anbieter ermöglichen durch ihre enorme Menge an Nutzerdaten unvergleichbar zielgerichtete Werbung", erklärt Kern.

Gegen eine Klassifizierung als Adware sträubt sich Sambreel mit Verweis auf den Mehrwert, den seine Programme angeblich bieten. Ausserdem betont das Unternehmen, dass Interessenten für 1,99 Dollar werbefreie Versionen der Software erwerben können. "Hier muss ein Unternehmen vorsichtig sein. Wenn die Anwendungen von Scannern als Malware identifiziert werden, ist das Geschäftsmodell tot", sagt Kern. Die kostenlosen Varianten trumpfen derweil mit Werbung von bekannten Marken auf. Inserate von American Express oder Gap wurden schon bestätigt. Die Unternehmen bestreiten allerdings, direkte Einschaltungen getätigt zu haben. Die Werbung soll über eine der rund 200 Drittanbieter-Firmen, die mit den Werbesoftwareherstellern zusammenarbeiten, ins Angebot gerutscht sein.

Ob die Angebote wirklich legal sind, ist noch umstritten. Die Werbesoftware bewegt sich offenbar in einer rechtlichen Grauzone. "Im Bereich der Suchmaschinen-Optimierung gibt es ebenfalls schon länger zweifelhafte Angebote", weist Kern auf weitere Unklarheiten in den Gesetzen hin. Die Anwälte von Google, Microsoft und Facebook sind jedenfalls der Meinung, dass die Angebote nicht den Richtlinien entsprechen. "Falls solche Angebote in Zukunft ohne Zweifel für legal befunden werden und es entsprechende Nachfrage gibt, werden wir auch diese Werbemöglichkeit in unsere Auswahl aufnehmen", so Kern.

Sollte sich die Software gegen den Widerstand der Platzhirsche behaupten können, besteht auch für andere Branchen Gefahr. "Das Geschäftsmodell dieser Firmen ist durchaus explosiv. Es kann auch auf andere Angebote, wie etwa die Webauftritte von Tageszeitungen ausgeweitet werden", sagt Kern.



Der Online-Stellenmarkt für ICT Professionals