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Über 90 Prozent der Schweizerinnen und Schweiter googeln nach Krankheitssymptomen. Knapp 40 Prozent geben sogar einmal im Monat oder häufiger ihre körperlichen oder mentalen Beschwerden in die mit Abstand populärste Suchmaschine ein. Besonders aktiv sind jüngere Menschen. So ziehen bei den Unter-40-Jährigen rund 50 Prozent der Befragten "Dr. Google" mindestens einmal monatlich zurate. Dies belegt die "Health Study 2023" des Innovationsdienstleisters Zühlke, für die 600 Personen ab 18 Jahren befragt wurden.

"Gesundheitsthemen haben im Netz Hochkonjunktur", folgert daher Philipp Tholen, Head of Health bei Zühlke Schweiz. Ein wichtiger Grund dafür sei, dass sich die Nutzer in nahezu allen Lebensbereichen daran gewöhnt hätten, schnell an die gewünschten Inhalte zu kommen. Und Gesundheitsthemen machten hier keine Ausnahme. Zudem sei laut der Studie die Sorge um die eigene Gesundheit für rund die Hälfte der Befragten ein regelmässiges Thema. Dies gelte insbesondere für die jüngeren Studienteilnehmenden. Hier liege der Anteil bei 64 Prozent.

Im Interesse der Nutzer wünsche sich Tholen, dass sie bei Gesundheitsthemen künftig mehr Hilfestellungen bei der Einordnung der Informationen aus dem Netz erhielten. Denn noch seien die User bei der Auswertung und Interpretation meist auf sich allein gestellt. Häufig führe dies zur Verunsicherung, wie auch die Ergebnisse der Studie nahelegten: Knapp zwei Drittel derjenigen, die regelmässig nach Symptomen googeln, haben sich danach schon einmal ernsthaft Sorgen um ihre Gesundheit gemacht. Die meisten Sorgen machen sich die 18- bis 39-Jährigen mit rund 80 Prozent. Über alle Altersgruppen hinweg waren die Befürchtungen nach dem Googeln in 40 Prozent der Fälle berechtigt. "Diese eher geringe Trefferquote ist naheliegend, da Google kein Spezialanbieter ist. Für die User ist sie jedoch durchaus problematisch", so Zühlkes Head of Health.

Geht es um Gesundheitsinformationen aus dem Netz, geniessen Krankenhäuser und Fachärzte bei den Befragten das grösste Vertrauen – gefolgt von Krankenkassen und Patientenorganisationen. KI-basierte Gesundheitsapps wie Ada oder Babylon werden laut der Umfrage bislang kaum genutzt und erzielen auch nur einen geringen Vertrauenswert, insbesondere bei älteren Menschen. Philipp Tholen dazu: "Diese Apps sind als Medizinprodukt zertifiziert und bieten im Vergleich zur einfachen Symptomsuche über das allgemeine Internet deutlich gezieltere Informationen. Wir gehen davon aus, dass sie bisher kaum genutzt werden, weil sie noch wenig bekannt sind."

Zu den Auswirkungen, die das Googeln nach Krankheitssymptomen auf mögliche Arztbesuche hat: Ein Viertel der Befragten verzichtet nach dem ausgiebigen Googeln der Symptome häufiger ganz auf den Arztbesuch. 48 Prozent erklären, sie könnten mit dem Arzt dadurch besser über mögliche Behandlungsmöglichkeiten diskutieren. 23 Prozent teilen dem Arzt die gefundene Diagnose mit. Tholen: "Die Befragten wollen offenbar nicht länger allein dem Arzt vertrauen, sondern auch selbst Verantwortung für die eigene Gesundheit übernehmen."

Im Sinne der aus eigenem Antrieb in Angriff genommenen Gesundheitsvorsorge nutzt mehr als die Hälfte der Studienteilnehmenden Tracker wie Schrittzähler oder Blutdruckmessgeräte zur Überwachung oder Förderung ihrer Gesundheit und Fitness. Bei den Unter-40-Jährigen liegt der Anteil sogar bei rund 70 Prozent, während das Interesse ab dem Alter von 60 Jahren deutlich abnimmt. Was die genutzten Funktionen betrifft, steht an erster Stelle das Aufzeichnen der körperlichen Aktivität zum Beispiel mittels Schrittzähler (32 Prozent). Puls und Blutdruck messen 25 Prozent der Befragten. Ihren Schlaf tracken 17 Prozent. 65 Prozent der Befragten nutzen ihr Smartphone zur Überwachung ihrer Gesundheit. Einen Schrittzähler nutzen 58 Prozent, 39 Prozent eine Smartwatch. Trainings-Apps werden von vier von zehn Schweizer:innen genutzt, am häufigsten für Fitnessübungen (28 Prozent), gefolgt von Yoga, Meditation und Ausdauersport.

Fast 90 Prozent der Anwender von Fitnesstrackern oder -Apps bestätigen diesen auch einen Nutzen: 45 Prozent erklären, sie spornen sie zu mehr Bewegung an. Mehr Motivation, um Gesundheitsprogramme durchzuziehen, verspüren 37 Prozent der Nutzer, mehr Ausdauer verzeichnen 21 Prozent, besseren Schlaf 20 Prozent. Auch Apps auf Rezept, die von den Krankenkassen bezahlt werden (vergleichbar mit den "Digitalen Gesundheitsanwendungen – DiGAs" in Deutschland), sind für 42 Prozent aller Befragten interessant, bei den Unter-40-Jährigen sogar für rund 60 Prozent. Einsetzen würden alle Altersgruppen diese vor allem gegen Angst und Depressionen sowie für besseren Schlaf (46 Prozent). Ebenfalls grosses Interesse besteht an Apps zur Linderung von Schmerzen und Migräne (45 Prozent).

An eine zentrale Gesundheits-App stellen die Befragten umfassende Anforderungen. Diese reichen vom Einreichen von Krankmeldungen und Rechnungen an die Krankenkasse über das Verfolgen der körperlichen Aktivität und die Verfügbarkeit von Notfalldokumenten bis hin zum Messen von Herzfrequenz, Blutzucker und Gewicht. Allerdings würden lediglich 13 Prozent der Befragten für eine derartige Gesundheits-App mehr als zehn Franken monatlich bezahlen. Tholen dazu: "Es ist davon auszugehen, dass sich viele der Befragten die entsprechenden Leistungen von ihrer Krankenkasse wünschen und deshalb nicht zusätzlich bezahlen möchten." Krankenkassen sind für die Befragten auch die bevorzugte Wahl als Anbieter einer solchen Gesundheits-App. Sie kommen bei möglichen Mehrfachnennungen auf einen Wert von über 60 Prozent, gefolgt von Krankenhäusern mit 47 Prozent. Auf den weiteren Rängen folgen staatliche Stellen, Online-Apotheken und Medizintechnik-Hersteller. Bigtechs wie Google und Amazon landen gemeinsam mit Gesundheits-Startups mit 14 Prozent auf Platz sechs.

Grundsätzlich sind laut Zühlkes Head of Health Gesundheitsapps und die damit verbundenen Technologien sehr gut geeignet, um den mündigen Patienten zu fördern: "Was den Einsatz digitaler Technologien betrifft, hat das Gesundheitssystem im Vergleich zu anderen Branchen einen starken Nachholbedarf. Wollen wir aber die Herausforderungen lösen, die auf uns zukommen und die wir zum Beispiel bei der Terminsuche bei Fachärzten schon heute erleben, wird die digitale Gesundheitsversorgung eine deutlich grössere Rolle einnehmen müssen." Eine der grossen Herausforderungen hierbei laut Tholen: "Um schlagkräftige Angebote zu realisieren, müssen viele Player zusammenarbeiten – von den Krankenkassen über Medizingerätehersteller bis hin zum Bundesamt für Gesundheit."

Die Befragten sind bereit, auf ihre Weise daran mitzuwirken. So können sich 84 Prozent der Schweizer:innen vorstellen, ihre Gesundheitsdaten unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung zu stellen: Wenn die Auswertung anonymisiert erfolgt (36 Prozent). Wenn sich dadurch Krankenversicherungsbeiträge sparen lassen (32 Prozent). Wenn sie selbst auswählen können, wer genau ihre Daten nutzen kann (30 Prozent). Und schliesslich: wenn dadurch wissenschaftliche Erkenntnisse vorangetrieben werden (17 Prozent).

Für die Zühlke "Health Study 2023" wurden 600 Personen ab 18 Jahren befragt. Die Online-Umfrage erfolgte im Frühjahr 2023.