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Methoden, um aus ersten Ideen Realität werden zu lassen, gibt es wie Sand am Meer. Es liegt jedoch nicht an dieser methodischen Vielfalt, dass etliche Unternehmen Produkte und Software am Markt vorbeientwickeln. Die meisten schaffen es schlicht nicht, sich in den Anwender hineinzuversetzen und anschliessend ihre Erkenntnisse auf einen komplexen Entwicklungsprozess zu übertragen.

Laut der Ende 2015 veröffentlichten Potenzialanalyse "Ease Unlimited“ von Sopra Steria Consulting verbringen heute 71 Prozent der Anwender deutlich mehr Zeit mit der Einarbeitung in neue IT-Anwendungen als noch vor fünf Jahren. Das liegt zum einen natürlich an der steigenden Anzahl digitaler Möglichkeiten, bedeutet aber angesichts der fortschreitenden Digitalisierung der Arbeitswelt sowie des privaten Umfeldes einen steigenden Zeitaufwand, den der jeweilige Nutzer mit der Einarbeitung in das jeweilige Tool verbringt. Zudem mindert es die Akzeptanz der Nutzer signifikant, wenn immer mehr Arbeitsprozesse durch IT-Systeme unterstützt werden, diese in der individuellen Anwendung aber immer unzugänglicher werden. Eine optimale User Experience (UX) ist also die Kernvoraussetzung für Effizienzsteigerungen, motivierte Mitarbeiter und damit für wirtschaftliches Wachstum.

Permanenter Austausch mit dem Anwender

User Experience, also die Erfahrung eines Nutzers in der Anwendung einer Website, App oder sonstigem digitalen Werkzeug, muss ein zentrales Anliegen jedes Entwicklungsprozesses sein. Wird am Nutzer vorbei entwickelt, wird die Entwicklung an sich obsolet. Unternehmen benötigen also einen permanenten Kanal in und aus dem Markt, zum und vom Nutzer. Dieser ständige Austausch kann mit Hilfe von Design Thinking erreicht werden. Dabei werden nutzerorientierte Methoden genutzt, um Innovationen zu entwickeln, die ganz konkrete Bedürfnisse des Anwenders abdecken. Das Ziel ist eine optimale User Experience. Design Thinking zeichnet sich durch drei Eckpfeiler aus:
Empathie für den Anwender: Es geht darum, sowohl den Nutzer selbst als auch die konkrete Umgebung des Nutzers zu kennen: welche Ziele verfolgt er? Welche Problemstellungen bewältigt er?
Prototyping und User Testing: Ideen in den Köpfen der Projektbeteiligten werden so schnell wie möglich realisiert, um sie bewerten zu können. Im Prototyping werden Hypothesen auf Basis von Erfahrung und Wissen aufgestellt, die mit Hilfe der Nutzer getestet werden. Dieser iterative Prozess - entwickeln, testen, lernen - ist ein zentraler Bestandteil des Design Thinkings.
Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Eine grosse kommunikative Herausforderung in jedem Prozess, die jedoch zentral für den Erfolg von Design Thinking ist. Ein Team besteht aus Entwicklern, Designern, dem Auftraggeber, dem Product Owner, Benutzern usw. Alle Stakeholder sind vom Anfang bis zum Ende involviert – je nach Projektphase mal mehr mal weniger. Auf diese Weise wird das weit verbreitete Silo-Denken aufgebrochen und abgebaut.

Design Thinking ist kein neuer Ansatz: Entwickelt wurde er vom US-amerikanischen Unternehmen Ideo unter der Führung von David Kelly, der im SAP-Gründer Hasso Plattner einen starken Befürworter hatte. Als Schirmherr war Plattner an der Gründung des Design-Thinking-Instituts der Elite-Universität Stanford beteiligt. Noch mehr Aufwind erfuhr Design Thinking 2009 durch das Buch "Change by Design“ des heutigen Ideo-CEOs Tim Brown.

Von Design Thinking zu IBM Design Thinking

Die Prinzipien des Design Thinking haben Gültigkeit für jedes Produkt- und jede Ideenentwicklung – unabhängig davon, ob es sich um digitale oder analoge Produkte handelt. Dass der Kontakt zum Nutzer inklusive des Feedbacks im digitalen Bereich am unmittelbarsten ist, erklärt jedoch die grosse Wertschätzung des Vorgehens bei Branchen aus der IT-Branche sowie dem Digital Marketing. So setzt auch das Schwergewicht IBM, eine eigene Form des Design Thinking ein. Allerdings musste IBM feststellen, dass sich "klassisches“ Design Thinking nicht für grosse und komplexe Projekte eignet, wie sie der internationale Konzern in der Regel zu bewältigen hat. IBM entwickelte daher den Ansatz weiter und ergänzte drei Bereiche:
Hills: Darunter verstehen die Design Thinker bei IBM Absichtserklärungen, mit denen der Nutzen einer neuen Innovation formuliert wird. Hier werden strategische Ziele genannt, nicht der Weg dorthin beschrieben.
Playbacks: Playbacks münzen auf den Austausch aller Stakeholder, um das Erreichen der Hills zu überprüfen und zu verfeinern.
Sponsor Users: Nichts ersetzt das reale Feedback eines Nutzers auf die Bedienbarkeit einer eigenen Entwicklung. Tatsächliche Erfahrungen, Wünsche und Forderungen werden vom Sponsor User in den Entwicklungsprozess eingebracht. Es handelt sich dabei um "reale“ Anwender, die aktiv am Projekt teilnehmen.
Auf der IBM Connect im Februar 2016 konnte man den Einfluss des Design Thinkings an ersten Softwareentwicklungen deutlich erkennen. Die Zusammenführung von Anwendungen wie etwa Connections oder Verse unter einer einheitlichen Oberfläche ist nur ein Beispiel dafür.

Kürzere Time-to-market und hohe Qualität zum besten Preis

IBM hat mit seiner Weiterentwicklung die Verknüpfung von Design Thinking mit agiler Softwareentwicklung erzielt. Die Playbacks werden durch Sprints und Reviews ergänzt, damit Scrum eine konsequente Fortführung von Design Thinking wird. "Auf diese Weise kann eine Software oder ein wie auch immer geartetes Produkt in bestmöglicher Qualität und kurzer Zeit zum besten Preis auf den Markt gebracht werden", sagt Erhard Wimmer, Senior Information Architect bei ecx.io. Die europaweit tätige Digitalagentur gehört zur IBM iX Gruppe und setzt für ihre Kunden IBM Design Thinking ein.

Wimmer weist jedoch darauf hin, dass sich IBM Design Thinking nicht so ohne weiteres im Unternehmen einführen und schon gar nicht "von oben herab“ anweisen lässt. Die Umsetzung ist eine Frage des Change Managements. Damit Innovationen entstehen können, muss zum Beispiel eine Kultur des Scheiterns etabliert werden. Der Weg von einem Gedanken bis zu einem innovativen Produkt ist kein gradliniger. Oftmals findet sich eine innovative Idee in einem gescheiterten Versuch, der ursprünglich in eine ganz andere Richtung zielte. Gerade deshalb spielen im IBM Design Thinking die interdisziplinären Teams eine grosse Rolle, damit ein Projekt unter möglichst vielen unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet wird. Dazu gehört auch, dass der kreative Prozess die Grenzen des wirtschaftlich Machbaren sprengt: Schliesslich nehmen nicht nur Designer und Entwickler an einem Projekt teil, sondern auch Vertreter aus den Bereichen Finanzen und Controlling.

Wandel im Unternehmen und beim Anwender

Der erste und wichtigste Schritt ist jedoch der Blickwinkel des Nutzers und sein Feedback, auf das sich sowohl das jeweilige Unternehmen wie auch Designer und Entwickler einlassen müssen. Nicht jeder Kunde wünscht sich eine solch enge Arbeitsatmosphäre und Transparenz. Nicht jeder bringt auch die persönliche Kritikfähigkeit mit. "Insgesamt haben wir die Erfahrung gemacht, dass die Kunden nach anfänglichem Zögern sehr schnell die immensen Vorteile für sich erkennen", sagt Wimmer. Mit IBM Design Thinking schneidet ecx.io seine Projekte optimal auf den Benutzer zu und erhöht damit die Zufriedenheit und die Loyalität der Kunden. Die wiederum profitieren zum Beispiel von motivierten Mitarbeitern und einer besseren Conversion, wenn die Navigation im Online-Shop so reibungslos und selbsterklärend funktioniert, wie sich der Endverbraucher das immer gewünscht hat.

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Der Blickwinkel des Anwenders ist der Ausgangspunkt des Design Thinkings (Bild: IBM)
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Grafik: IBM
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Grafik: IBM