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Sogenannte "Location-based Apps" gelten als das nächste grosse Ding unter den Smartphone-Software-Herstellern, wie Forbes berichtet. Einige der Anwendungen erlauben es unter dem Überbegriff "People Discovery", den aktuellen Standort anderer Anwender dieser Programme zu ermitteln.

Dadurch soll es Nutzern ermöglicht werden, unkompliziert Kontakt zu fremden Personen aufzunehmen. Die Dienste laufen im Hintergrund auf Smartphones und schicken das Profil von Usern an die Handys anderer Nutzer, sobald sich diese in der Nähe aufhalten. Kürzlich hat Facebook den einschlägigen Anbieter Glancee erworben.

Was den Datenschutz angeht, sind solche Apps bedenklich. "Diese Dienste sind primär dazu da, Daten zu sammeln und an Werbepartner zu verkaufen. Der Standort ist diesbezüglich eine wertvolle Information", sagt etwa Christian Jeitler von Quintessenz. Dass nur User betroffen sind, die sich selbst dazu entscheiden, solche Apps zu installieren, macht die Sache nicht besser.

"Man kann Usern nicht zumuten, zu wissen, was da im Hintergrund passiert. Die User denken, sie sitzen mit ihrem Telefon in einer stillen Ecke, in Wahrheit stehen sie aber auf dem Hauptplatz. Bei vielgenutzten Anwendungen ist der soziale Druck, ebenfalls teilzunehmen, gross. Das nutzen Firmen wie Facebook aus, um die Anwender noch stärker zu binden", sagt Jeitler. Derzeit sind People-Discovery-Apps noch ein Minderheitenprogramm. Sobald Facebook sich entschliesst, die Technologie, die es mit dem Kauf des mittlerweile abgedrehten Anbieters Glancee übernommen hat, in sein Netzwerk zu integrieren, kann sich das schnell ändern.

Die meisten derzeit verfügbaren Apps versuchen Menschen mit ähnlichen Interessen oder Überschneidungen bei den Kontakten zusammenzuführen. Dazu werden in Echtzeit Standortinformationen über GPS oder Funkzellen-Bestimmung analysiert und mit den Kontaktinformationen und Daten aus sozialen Netzwerken kombiniert. Derzeit wird der Akku von Smartphones durch diesen Vorgang noch stark belastet, was für einen Dauerbetrieb ein Manko darstellt.

Was mit den Daten, die solche Apps erheben, passiert, ist kaum zu kontrollieren. "Applikationen, die es Usern erlauben, die Bewegung anderer Nutzer zu verfolgen, können getrost unter dem Motto 'Stalking 3.0' zusammengefasst werden. Das Potenzial für Missbrauch ist gross. Auf welche dummen Ideen die Menschen kommen, kann sich jeder ausmalen. Es reicht schon, dass Behörden in ihrem Sicherheitswahn in sämtliche Bereiche der Privatsphäre vordringen", so Jeitler. Das Argument der Hersteller, dass solche Apps die Kontaktaufnahme zu Fremden erleichtern und somit eine soziale Funktion übernehmen, lässt der Experte nicht gelten.

"Das steht in keiner Relation zum möglichen Missbrauch. Ein schüchterner Mensch bleibt ausserdem schüchtern, auch wenn es auf dem Telefon rot blinkt. Die Informationen werden aber auf jeden Fall gesammelt. Selbst wenn die - meist internationalen - Anbieter versuchen, den Datenschutz zu stärken, werden Behörden sich der Daten bedienen. US-amerikanische Gesetze etwa zwingen dortige Unternehmen zur Herausgabe der Daten, ohne dass die Betroffenen informiert werden dürfen. Technische Massnahmen können Datenschutzprobleme nie lösen. Das Problem ist die grosse Zahl der Menschen, die Zugriff auf die Daten hat, inklusive deren Begehrlichkeiten", erklärt Jeitler. Die Gesetzgeber zeigen laut dem Experten ebenfalls zu wenig Interesse daran, die Situation zu verbessern.