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Das Web-Projekt Privacyscore unterzieht Online-Auftritte einer Prüfung hinsichtlich ihres Datenschutzes. Anhand zahlreicher Kriterien wird für jede geprüfte Seite eine Punktwertung zwischen null und 100 errechnet. Experte Christian Jeitler vom Verein Quintessenz kritisiert die Umsetzung und attestiert mangelnden Bezug zur Praxis im Umgang mit Daten am Beispiel von Facebook.

Privacyscore durchforstet die Privacy Policy von Webseiten und untersucht sie auf ihre Bedingungen in Sachen Datenschutz und Privatsphäre. Berücksichtigt werden verschiedene Aspekte, etwa ob eine Seite Informationen an Dritte weitergibt, Löschungsanträgen von Nutzern Folge leistet oder angebundene Dienstleister zur Vertraulichkeit verpflichtet. Ebenfalls inspiziert wird, wer die erhobenen Daten auswertet und ob dabei eine Zuordnung von persönlichen Merkmalen zu Profilen stattfindet, Kontrolle durch ein Industrieorgan stattfindet oder ein Opt-Out für verhaltensbasierte Werbung angeboten wird. Die Datenbank der bewerteten Seiten umfasst über 1.400 Seiten, darunter auch Online-Giganten wie Amazon, Apple oder Facebook.

Doch die Bewertung des weltgrössten Social Networks irritiert Jeitler. Die an die Börse strebende Plattform reüssiert mit einer Bewertung von 95 Punkten, was für den Experten nicht nachvollziehbar ist. Eine Teilwertung von zehn Zählern wurde etwa für das "prompte Löschen von Daten auf Anfrage der User" vergeben. "Es macht den Eindruck, als werden hier Sachen ausschliesslich nach der Papierform bewertet", erklärt Jeitler und verweist auf regelmässig auftauchende Berichte über Nachlässigkeiten von Facebook in genau diesem Bereich. "Die technologischen Möglichkeiten und die praktische Umsetzung werden überhaupt nicht berücksichtigt", so seine Kritik. "Facebook ist etwa über den Like-Button auf unzähligen Drittseiten eingebunden."

"Facebook ist bei Datenschutz definitiv kein Spitzenreiter", betont der Fachmann. "Das Unternehmen musste nicht umsonst vor der EU-Kommission Stellung nehmen, da es kaum Einsicht in die Verwendung der erhobenen Informationen erlaubt. Dazu sind die AGB auf Facebook sehr unpräzise formuliert, ich kann nicht verstehen, wie die Seite bei diesem Score so gut abschneiden kann." Jeitler verweist zudem auf die Klage des Wiener Studenten Max Schrems, der Facebook jüngst zu einer Änderung der Datenschutz-Richtlinien gezwungen hat.

Jeitler sieht bei Privacyscore einen "falschen Massstab" in der Umsetzung. "Das ist wie wenn man ein Auto nach seiner Farbe und dem PR-Text des Herstellers bewertet, ohne es je gefahren zu haben", meint er abschliessend.