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Hochwertige Smartphones und Tablet-PCs sind aus dem mobilen Alltag genauso wenig wegzudenken wie Notebooks. Fast die gesamte Kommunikation erfolgt drahtlos, meist auch zu Hause. Ohne die entsprechenden Netze bliebe das wachsende Kundenbedürfnis „immer online zu sein“ jedoch ein Wunschtraum.

Gastbeitrag von Jürg Pauli Leiter Produktentwicklung Swisscom (Schweiz), Geschäftsbereich KMU

Der Trend zum mobilen Datenverkehr manifestiert sich weltweit. Der neueste „Traffic and Market Data Report“ von Ericsson prognostiziert bis zum Jahr 2016 einen weltweiten Anstieg der übertragenen Daten um das Zehnfache. Als Grundlage dienten Messungen des tatsächlichen Datenverkehrs, die das Unternehmen seit Jahren in Mobilfunknetzen weltweit vornimmt. Aufgrund der Ergebnisse werden gemäss Ericsson bis 2016 rund fünf Milliarden Menschen über einen mobilen Breitbandzugang verfügen. Alleine bis Ende dieses Jahres hat die Zahl der Nutzer um 60 % auf rund 900 Mio. Teilnehmer zugenommen.

Smartphones als treibende Kraft

Auch in der Schweiz zeigt sich eine starke Zunahme des Datenverkehrs: auf dem Netz der Swisscom verdoppelt sich das transportierte Datenvolumen etwa alle sieben bis zehn Monate. Wie in anderen Ländern stechen dabei die „Heavy User“ besonders hervor: Nur etwa ein Fünftel aller Benutzer erzeugen über 90% des gesamten mobilen Datenverkehrs. Am starken Wachstum ist hauptsächlich das in der Schweiz weit verbreitete iPhone beteiligt, sowie mittlerweile auch Android-Smartphones. Gemäss einer Studie von Cisco Systems generierten Anfang 2010 alle iPhones weltweit viermal mehr Datenverkehr als jedes andere Smartphone. Der Abstand zu Android, der weltweiten Nr. 2, vermindert sich aber stetig. So generierten Ende 2010 alle iPhones global betrachtet nur noch 1,75mal mehr Datenverkehr als Smartphones mit dem Google-Betriebssystem. Die Apple-Dominanz dürfte sich in den nächsten Jahren daher abschwächen.

Über 60 Prozent der Smartphone-Besitzer bleiben den ganzen Tag auf dem Mobilfunknetz eingebucht statt bei Möglichkeit ein lokales WLAN zu nutzen. Die so genannten „Flat Rates“ haben diesen Trend klar beschleunigt, jedoch klafft die Schere zwischen der begrenzten Zahlungsbereitschaft der Nutzer und den hohen Ausbaukosten der Netzbetreiber zunehmend auseinander. Dabei bringt das einwählen in ein WLAN dem Smartphone-User zwei entscheidende Vorteile: In geschlossenen Räumen bietet das kabellose Internet eine deutlich höhere Bandbreite als GSM/UMTS und vermindert damit den Akkuverbrauch des Smartphones. Denn durch die kurze Distanz zum Sender kann das Endgerät mit deutlich tieferer Leistung arbeiten – ein durchaus positiver Nebeneffekt. Einige europäische Betreiber führen des Weiteren in ihren Netzen so genannte Femtozellen ein – im Prinzip kleine UMTS-Sender für zuhause mit ähnlich tiefen Sendeleistungen wie die bekannten WLANs. Durch deren Einsatz hat der Benutzer einen deutlich besseren Empfang. Die bestehenden öffentlichen Mobilfunknetze der zweiten und dritten Generation (2G: GSM und 3G: UMTS) werden entlastet.

Netzausbau ein Muss

Der zunehmende Verkehr auf den mobilen Datenautobahnen stellt alle Mobilfunkanbieter vor grosse Herausforderungen. Im Vordergrund steht zunächst der Ausbau bestehender UMTS-Netze mit High Speed Packet Access (HSPA/HSPA+). HSPA ist eine ausgereifte Technologie, die in praktisch allen neuen Endgeräten enthalten ist und beispielsweise im Swisscom-Netz Bitraten von zurzeit bis zu 42 Mbit/s ermöglicht (immer abhängig vom Ausbaustand der UMTS-Funkzelle und vom Endgerät). Doch der schnell wachsende Smartphone-Markt bedingt weitere Netzkapazitäten. Diese wurden mit der Versteigerung neuer Frequenzen in der ersten Hälfte 2012 und dem laufenden Netzausbau möglich. Der LTE-Technologie kommt dabei eine besondere Rolle zu. Das Kürzel LTE „Long Term Evolution“ steht für eine neue Mobilfunkgeneration. Swisscom hat den LTE-Testbetrieb längst aufgenommen. LTE soll Bandbreiten von bis zu 100 Mbit/s ermöglichen. Dass neben dem Ausbau von HSPA/HSPA+ auch LTE unverzichtbar ist, um den zunehmenden mobilen Datenverkehr bewältigen zu können, sieht auch die Kommunikationskommission des Bundes (ComCom). „Es besteht Handlungsbedarf“, so Comcom-Präsident Marc Furrer bereits Ende 2010 gegenüber der Presse. „Wenn wir diese Kapazitäten nicht zur Verfügung stellen, kommt das Netz sehr schnell an Kapazitätsengpässe“, so Furrer. Und: „Das ist vielleicht der grösste Schritt für den Ausbau des Mobilnetzes, seit wir die GSM-Konzessionen vergeben haben“.

Nach langen Konsultationen mit dem BAKOM hat sich die Comcom entschieden, neben neuen Frequenzen, die 2014 (GSM) und 2017 (UMTS) frei werdenden Frequenzen ebenfalls zu versteigern und zwar technologieneutral. D.h. die fünf Frequenzbänder (800/900 MHz sowie 1,8/2,1/2,6 GHz) werden keiner bestimmten Technologie zugeordnet. Die Netzbetreiber können so selbst entscheiden, welche Technologie sie auf den ersteigerten Frequenzen einsetzen werden. So kann LTE theoretisch in allen genannten Frequenzbereichen senden und empfangen werden.

LTE-Entwicklung geht weiter

Obwohl LTE weltweit erst in den Anfängen steckt, beschäftigen sich die Forschungsabteilungen grosser Hersteller wie Huawei oder Ericsson bereits mit der nächsten Evolutionsstufe, genannt LTE Advanced. Die Chinesen demonstrierten bereits Anfang 2010 mit 1,2 Gbit/s einen neuen Temporekord für mobile Datenübertragungen. Ericsson bewies an der 3GPP in Barcelona ebenfalls die Machbarkeit mobiler Datenverbindungen mit derselben Geschwindigkeit – natürlich vorerst nur unter optimalen Laborbedingungen.