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In Zeiten, in denen Web 2.0, Social Media und die App-Economy in aller Munde sind, haben Call Center grösstenteils noch Nachholbedarf. Das berichtet Service Insiders. Spezialisten wie etwa die Marketingexpertin Heike Simmet sehen auf diesem Feld eklatante Versäumnisse.

"In der dynamisch wachsenden App-Economy können über das Smartphone umfassende Serviceleistungen angeboten werden, die jederzeit und an jedem Ort abrufbereit sind," sagt Simmet. Das seien klare Vorteile gegenüber starren Diensten der klassischen Kundenkommunikation.

Innovationsdruck wächst

"Wer keine intelligenten Dienstprogramme für das mobile Internet bietet, wird in den nächsten Jahren in Schwierigkeiten geraten", warnt auch ITK-Experte Peter B. Záboji, Chairman des After Sales-Unternehmens Bitronic. Ähnlich sieht es Andreas Klug, Vorstand vom Softwarespezialisten ITYX: "Nur wenige Dienstleister haben die Zeichen der Zeit erkannt. Self Service oder mobile Service-Applikationen für das Smartphone treffen bei den meisten Entscheidern schlicht auf ein Naserümpfen." Die ureigene Wertschöpfung gerät dem Fachmann zufolge demnach aus den Fugen und wird als gefährdet erachtet. Das könnte sich rächen, denn für innovative Unternehmen sei die Verweigerungshaltung eine Chance: "Wer jetzt als Dienstleister schnell und erfinderisch ist, kann seine Auftraggeber mit Mehrwertlösungen binden - und verdient auch an rein maschinellen Serviceprozessen mit", so der Rat von Klug.

Dumme Call Center und Warteschlangen

Smartphones und dumme Call Center passen nicht zusammen, moniert Harald Henn von der Beratungsfirma Marketing Resultant. "Anstatt die Möglichkeiten eines Smartphones zu verstehen, zu begreifen und zu nutzen, werden alle Anrufer immer noch in Warteschlangen geparkt oder müssen Angaben zur Identifizierung x-fach wiederholen. Die Integration der technischen Möglichkeiten ist eine der vordringlichsten Aufgaben für die Verantwortlichen. Asynchrone Kommunikation gehört noch nicht zu den Stärken der meisten Call Center."

Nach Ansicht von der Telenet-Managerin Anja Bonelli, Mitglied in der Brancheninitiative Contact-Center-Network, ist der Status quo im telefonischen Kundendienst fatal, da immer mehr Menschen Smartphones besitzen und zunehmend als alleiniges Kommunikationsmittel einsetzen. Mit der Sprachapplikation Siri von Apple würden noch weitere clevere Dienste dazukommen. "Damit ist der Weg frei für ausgereifte Kundenservice-Anwendungen, die sich multimodal kombiniert über Sprache, Touch und sicher bald auch Gesten steuern lassen. So werden via Touchscreen die Kundendaten verifiziert."

Zug für manche Anbieter bereits abgefahren

Apps bestechen durch ihre angenehm zu bedienenden Oberflächen, über die sich die Inhalte und Themen entweder per Spracheingabe oder per Touch auswählen lassen. Der Kunde kann jederzeit entscheiden, ob er automatisierte Dienste nutzen oder einen persönlichen Berater hinzuziehen möchte. Nicht einmal eine Handvoll von Firmen fällt Bonelli ein, die ein solch sinnvolles Repertoire anbieten. Und auch die schon vorhandenen Angebote würden noch nicht einmal in Ansätzen die Möglichkeiten der Mensch-Maschine-Interaktion ausschöpfen.

"Insofern sind die wirklich neuen Ideen wie virtuelle Räume, Avatare, Microblogging mit der passenden Community, Crowdsourcing-Ansätze und Wissenstransferdienste toll und technisch auch möglich, aber für Call Center, die erst einmal anfangen müssen, einen Schritt zu früh", meint Bonelli. Für manche Anbieter der Dienstleistungsökonomie sei es allerdings schon zu spät, um auf den Zug der App-Economy und des mobilen Internets aufzuspringen, schränkt Záboji ein. So werden sich wohl einige grosse Call Center in die Galerie der Gescheiterten einsortieren, die über Jahre und Jahrzehnte mit hohen Umsätzen verwöhnt wurden und keine ausreichende Sensorik für das wirklich Neue entwickelt haben.



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