© Digitale Gesellschaft

Im Rahmen der Vernehmlassung zur Urheberrechtsreform lehnt die schweizerische Digitale Gesellschaft die Einführung eines Leistungsschutzrechtes (LSR) für Medienverlage entschieden ab und empfiehlt dem Bundesrat, den Prozess abzubrechen. "Das geplante Gesetzesvorhaben kann den demokratierelevanten Journalismus nicht fördern, gefährdet den Medienstandort Schweiz und führt zu einer weiteren Konzentration der Medienbranche," schreibt die Digitale Gesellschaft in einer Aussendung dazu. Die vorgesehene Beteiligung der Urheber:innen sei systematisch problematisch und begünstige die Ungleichbehandlungen verschiedener Kategorien von Mitwirkenden, heisst es.

Die Politik müsse sich tatsächlich die Frage stellen, wie in Zukunft derjenige Journalismus zu finanzieren sei, der für das Funktionieren einer politischen Gemeinschaft relevant sei und gleichzeitig über wenig ökonomisches Verwertungspotenzial verfüge, so die Digitale Gesellschaft in der Aussendung. Das LSR löse indes keines der wirklichen Probleme, die es im Medienmarkt der Schweiz zu lösen gäbe, sondern schaffe verschiedene neue und befeuere gleichzeitig den unerwünschten Konzentrationsprozess im Verlagswesen. Ein gesundes, demokratierelevantes Mediensystem bestehe aber gerade nicht aus wenigen Verlagskonzernen, sondern aus einer dezentralen Vielfalt von journalistisch tätigen Organisationen.

Bereits heute sei die Nutzung von journalistischen Texten im urheberrechtlichen Sinne ohne Einwilligung der Rechteinhaber:innen unmöglich. Die Verlinkung eines Inhaltes oder die Darstellung eines Snippets stelle jedoch keine Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material dar. "Wir stellen zudem die Aussage im erläuternden Bericht infrage, dass Online-Anbieter in hohem Masse von Leistungen von journalistischen Medien profitieren. Der weitaus grösste Teil der Inhalte, auf die bei Online-Anbietern verlinkt wird, sind keine Inhalte von journalistischen Medienverlagen. Alle Journalist:innen, die nicht bei einem der Medienverlage publizieren, welcher vergütungsberechtigt ist, werden ebenfalls nicht in den Genuss dieser Beteiligung kommen. Der langfristige Schaden, der dem Medienstandort Schweiz durch einen solchen Branchenschutz zugefügt würde, wäre gravierend," so die Digitale Gesellschaft wörtlich.

Insbesondere die faktisch fehlende Opt-Out-Variante würde die Medienkonzentration vorantreiben und Innovation im Medienbereich verunmöglichen, heisst es im Schreiben weiters. Dass durch das System der Kollektivverwertung keine Gratislizenzen abgeschlossen werden könnten, stelle eine erhebliche Einschränkung der Gewerbefreiheit dar. Die Unübertragbarkeit und Unverzichtbarkeit des Vergütungsanspruches für die beteiligten Urheber:innen verunmögliche ein Opt-Out für Medienverlage. Den Vergütungsanspruch am Aufwand anzuknüpfen, sei dem schweizerischen Urheberrecht zudem fremd. Dieses sei schon kompliziert genug ausgestaltet. Ohne Not und Abklärung der Kollateralschäden solle ein solcher Systemwechsel nicht vorgenommen werden.

Das Leistungsschutzrecht dürfte nach Meinung der Digitalen Gesellschaft dazu führen, dass die grossen Plattformbetreiber, wie jüngst in Kanada geschehen, darauf verzichten, Links oder Snippets von Medienhäusern anzuzeigen. Ein solcher Verzicht wäre für die kleinen Medienanbieter existenzbedrohend, heisst es. Auch die entsprechende Regelung in der Europäischen Union habe bis jetzt entweder nicht umgesetzt werden können, funktioniere nicht oder habe die erhofften Beiträge bei Weitem verfehlt. So habe beispielsweise in Deutschland ein Schiedsgericht die Forderung der Verlage an Google auf Basis des LSR von 440 Mio Euro auf 5.8 Mio Euro gekürzt. So gebe es zurzeit auch keinerlei internationalen Druck oder andere diplomatische oder völkerrechtliche Gründe, ein solches LSR einzuführen.

Falls das Vorhaben weiterverfolgt werde, sei auf jeden Fall sicherzustellen, dass der Gesetzestext unmissverständlich klar ausdrücke, dass die Snippets und nicht die Links vergütungspflichtig seien, streicht die Digitale Gesellschaft hervor. Die bisherige Urheberrechtsschranke, auf deren Basis richtigerweise die freie Berichterstattung über Aktualitäten möglich gewesen sei, dürfe nicht aufgehoben werden. Der Journalist:innenkodex sei als alleiniges Kriterium direkt in den Gesetzestext zu übernehmen. Der Verwertungserlös soll zudem nur gemäss der Relevanz des Inhaltes für das Funktionieren der Demokratie verteilt werden. Der Erhalt dieser Teilfunktion des Journalismus sei ja das erklärte Ziel der Vorlage, und darum solle auch der Erlös gemäss diesem Ziel verteilt werden. Weiterhin fordert die Digitale Gesellschaft schliesslich eine ausdrückliche Unterstellung der Verwertungsgesellschaften unter den Geltungsbereich des Bundesgesetzes über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (BGÖ).